Rom - Der Beschluss eines Gerichts in Palermo, die strengen Haftbedingungen für den lebenslänglich verurteilten Mafia-Boss Giuseppe Graviano, aufzulockern, hat eine Welle der Empörung in Italien ausgelöst. Das Gericht urteilte, dass Graviano, der unter anderem wegen des Mordes an dem Anti-Mafia-Priester Pino Puglisi zu lebenslänglicher Haft verurteilt worden ist, nicht mehr unter strengsten Bedingungen in einer Mailänder Strafanstalt hinter Gittern sitzen muss. Graviano hatte bereits drei Jahre lang in Einzelhaft verbracht. Drei Jahre Isolierung seien die Höchstgrenze, die für Mafiosi vorgesehen seien, erklärte Gravianos Rechtsanwalt.

"Der Beschluss des Gerichts zu Gravianos Gunsten ist ein schwarzes Kapitel für all jene, die gegen die Mafia kämpfen und ein weiterer harter Schlag für die Opfer von Mafia-Delikten", kritisierte der Oppositionspolitiker Antonio Di Pietro. Er beschuldigte die Regierung Berlusconi, Haftbedingungen für Mafiosi lockern zu wollen und eine Revision des Strafrechtsartikels 41 zu planen. Dieser sieht vor allem stark begrenzte Möglichkeiten zum Kontakt mit anderen Häftlingen sowie mit Verwandten und Anwälten vor. So dürfen Mafiosi nur einmal im Monat Besuch erhalten. Ziel der Maßnahme ist es zu verhindern, dass die Mafia-Bosse von den Gefängnissen aus weiterhin ihre kriminellen Organisationen leiten. Gegen die strengen Haftbedingungen hatten Mafia-Bosse in Italien in den letzten Jahren heftig protestiert.

Der Artikel 41 war im Jahr 1992 nach den Sprengstoffanschlägen verabschiedet worden, bei denen die Staatsanwälte Giovanni Falcone und Paolo Borsellino ums Leben gekommen waren. Damit wurden die gefährlichsten Mafiabosse einer fast totalen Isolierung in den Haftanstalten ausgesetzt.

Kontakte zu Berlusconi dementierft

Graviano und sein Bruder Filippo, der ebenfalls als Auftraggeber des Mordes von Pino Puglisi verurteilt worden war, hatten vor drei Wochen vor Gericht direkte Kontakte zum italienischen Premierminister Silvio Berlusconi und seinem Vertrauensmann, Senator Marcello Dell'Utri, dementiert. "Ich habe Dell'Utri niemals kennengelernt", erklärte Graviano vor den Berufungsrichtern in Palermo, die den Prozess gegen Dell'Utri wegen Mafia-Verstrickungen führen. Erstinstanzlich war Senator Dell'Utri zu neun Jahren Haft verurteilt worden.

Berlusconi hatte sich über Verdächtigungen erzürnt gezeigt, er sei selbst in Aktivitäten der Mafia verstrickt gewesen. "Es ist einfach ein Wahnsinn, ich werde der unglaublichsten Dinge beschuldigt. Dabei hat meine Regierung wie keine andere die Mafia bekämpft", wurde Berlusconi zitiert. (APA)