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Ein Geistlicher inmitten der Szenerie des Militärmanövers im November, bei der die Verteidigung der Atomanlagen gegen Luftschläge geübt wurde.

Foto: APA/EPA

Teheran - Der Iran hat eine neue Runde im Atomstreit mit dem Westen eingeläutet. Sollte es Ende Jänner kein Abkommen geben, fertige Brennstäbe gegen angereichertes Uran zu tauschen, werde Teheran selbst Kernbrennstoff herstellen, drohte die Regierung. Der Westen müsse zu dem Vorschlag eine Entscheidung treffen, stellte Außenminister Manouchehr Mottaki ein Ultimatum. Der Iran ließ selbst eine Frist zum 31. Dezember verstreichen.

Die US-Regierung wies das Ultimatum prompt zurück. Angesichts der innenpolitischen Turbulenzen im Iran tendiert Washington laut New York Times zu harten und raschen Sanktionen, um die geschwächte iranische Regierung empfindlich zu treffen. Neue Sanktionen sollten auf die Revolutionsgarden zielen, die als treibende Kraft hinter den mutmaßlichen Plänen zu einer atomaren Bewaffnung des Landes stünden.

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Eine durch die internen Wirren angeschlagene Führung in Teheran versucht zu Jahresbeginn das Heft im Atomstreit in die Hand zu nehmen: Nachdem die Iraner das US-Ultimatum Ende Dezember verstreichen ließen, ziehen am Horizont härtere internationale Sanktionen gegen den Iran auf. Darauf reagiert Teheran, indem es seinerseits ein Ultimatum stellt, bis Ende Jänner. Denn einfach nur passiv abwarten, wie sich die Dinge entwickeln, würde die gewaltige "interne Krise" nur noch sichtbarer machen, von der die iranische Opposition spricht,

Beide Seiten - die internationale Gemeinschaft und der Iran - verlangen voneinander die Akzeptanz der jeweiligen Position zum Vorschlag der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) im sogenannten Atomdeal. Mit diesem Deal sollte, so die Absicht im Herbst, der seit Jahren laufende Atomstreit entschärft werden, indem Teheran als vertrauensbildende Maßnahme den Großteil seines niedrig angereicherten Urans außer Landes schaffen lässt.

Für den Westen hätte der Deal den Vorteil, dass das iranische Uran in dieser Zeit dem Iran entzogen wäre - und nicht zu bombenfähigem Material angereichert werden könnte. Und der Iran würde immerhin Nuklearbrennstoff dafür bekommen, trotz der Uno-Sanktionen, die natürlich alles Atommaterial betreffen. Und beide Seiten würden ein Jahr Zeit gewinnen für eine Lösung.

Oder "hätten gewonnen" , denn die letzten Chancen sind mit dem iranischen Manöver wohl dahin: Dem Iran gleich zu Beginn Brennstoff zu liefern, das liefe auf einen Kauf durch den Iran hinaus, und dafür müsste man die Uno-Sanktionen aufheben - ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, an dem nur von Verschärfung die Rede ist. Die Absage an Teherans "Ultimatum" aus Washington kam prompt und unmissverständlich.

Angesichts der inneren Unruhen ist der Iran jedoch auch verletzlicher durch neue Sanktionen, spekuliert die US-Regierung laut New York Times. Dabei wäre es ein sensibles Spiel der internationalen Gemeinschaft, denn mit Sanktionen, die alle Iraner spüren, könnte man dem Regime bei seiner Konsolidierung helfen - vor allem auch, weil ja die Opposition keineswegs dafür ist, dass sich der Iran im Atomstreit dem Westen bedingungslos ergibt. Also werden die USA auf Sanktionen setzen, die besonders die Revolutionsgarden - die ein gewaltiges Wirtschaftsimperium kommandieren - treffen. Sie sind nach ihrer Rolle bei der Niederschlagung der Unruhen nach den Präsidentschaftswahlen im Juni bei den meisten Iranern verhasst.

Ankündigungspolitik

Wie immer gibt es auch Spekulationen darüber, was der Iran wirklich kann. Die iranische Drohung lautet ja, nach Ablauf des eigenen Ultimatums die Brennstäbe selbst herstellen zu wollen. Es ist richtig, dass, wird die Urananreicherungstechnologie einmal beherrscht, Anreicherung in alle Grade möglich ist. Praktisch würden die Iraner jedoch auf Schwierigkeiten stoßen, es könnte einige Zeit dauern, bis sie dazu imstande sind, vermuten Atomphysiker, die von Schwierigkeiten in der Anreicherungsanlage in Natanz berichten, wo heute weniger Uran angereichert wird als vor etlichen Monaten. Die erste Generation pakistanischer Zentrifugen, die dort im Einsatz sind, sei nicht viel wert. Die Umsetzung der Ankündigung des Iran, gleich zehn neue Anlagen zu bauen, muss man also offenbar nicht unmittelbar befürchten.

Die New York Times erinnert auch daran, dass ein geheimes US-Sabotageprogramm laufe und vielleicht erste Früchte gebracht habe. Eine andere Frage ist, ob alle Angriffspläne auf Atomanlagen im Moment vom Tisch sind. Eher ja - da man nicht sicher sein kann, ob sich ein Angriff nicht als Segen für das Regime erweist. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 4.1.2010)