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STANDARD: Wie beurteilen Sie die Rolle der ÖIAG beim AUA-Verkauf an die Lufthansa?

Junghans: Die Aussage des damaligen Finanzministers Wilhelm Molterer, dass die Zeit der politischen Intervention vorbei sei, war eher eine Kabaretteinlage. Im Übrigen: Die Lufthansa hatte schon längst die Kontrolle über die AUA, weil wir seit Jahren die Systeme der Lufthansa unkontrolliert übernommen haben. Wenn man so will, war unser größter Konkurrent unser eigener Partner. Über das Vielfliegerprogramm Miles & More hat die Lufthansa immer schon die Übersicht über unsere Kunden gehabt.

STANDARD: Wie spürt man den Einfluss der Lufthansa?

Junghans: Man spürt ihn nicht direkt. Aber mir ist klar, es geht um die Frage, will man den Standort Österreich halten oder nicht. Das sollte man uns sagen. Man kann nicht alles auf die Personalkosten abwälzen, die beim kaufmännisch-technischen Personal nur neun Prozent der Gesamtkosten ausmachen. Semperit war zwar ein Produktionsbetrieb, es hat aber schlussendlich auch nichts genützt, dass Traiskirchen der zweitprofitabelste Standort im Konzern war.

STANDARD: Wie viele Mitarbeiter werden das Unternehmen verlassen müssen und viele davon werden gekündigt?

Junghans: Um die angestrebten 6000 Mitarbeiter zu erreichen, werden 1000 gehen müssen. Es wird zu 90 Prozent einvernehmliche Lösungen mit zusätzlichen Abfertigungen geben. Die Hälfte der betroffenen 1000 Mitarbeiter wird in die Arbeitsstiftung gehen. Darüber hinaus gibt es etliche, die Angebote wie Teilzeitarbeit oder Bildungskarenz in Anspruch nehmen.

STANDARD: Es hieß immer, die zweite und dritte Ebene bei der AUA sei mit rund 20 Bereichsleiter zu aufgebläht.

Junghans: Die Swiss hat etwas weniger, aber die haben viele Bereiche ausgelagert. Wir sind flexibler. Wir schauen etwa, dass wir von den 100 Mitarbeitern, die beim Callcenter abgebaut werden, so viele wie möglich für Funktionen beim Bodendienst übernehmen können. Und ich hoffe, dass wir auch die internationale Ausrichtung im Konzern nützen können und Jobs bei Partnerairlines anbieten können.

STANDARD: Wie beurteilen Sie die Arbeit der Vorstände Peter Malanik und Andreas Bierwirth?

Junghans: Den Umständen entsprechend akzeptabel. Man kann sich nur wünschen, dass es halbwegs so bleibt. Sie sind zumindest nicht beratungsresistent.

STANDARD: Man hat den Eindruck, der Betriebsrat fährt mit dem Vorstand einen Kuschelkurs.

Junghans: Ganz im Gegenteil. Wir wollen die Absicherung des Standortes, und da ist es wichtig, auf Augenhöhe zu diskutieren. Aber die AUA ist in einer verdammt schwierigen Situation, die Erträge werden nicht in den Himmel wachsen. Wir haben das Schlimmste noch nicht überstanden. Die Branche ist so blöd, weil sie alles tut, damit es weiter schwierig bleibt. Es ist doch verrückt, wenn man um zwei Bier nach London fliegen kann. Und es ist geistesgestört, wenn die Leute 19 Euro für eine Flugticket zahlen und sich um 200 Euro ein Hotelzimmer ohne Frühstück leisten. Was wir tun, ist Pragmatismus der Realität.

STANDARD: Glauben Sie, dass der Vorstand bleibt?

Junghans: Wenn nicht alles schiefläuft, sehe ich keinen Grund, ihn abzulösen. Sollte die Lufthansa sagen, wir wollen einen eigenen Mann hinsetzen, dann sage ich, wir haben eh den Bierwirth. Was wir brauchen, sind Leute mit Airline-Erfahrung und keine Manager mit steilen Lernkurven.

STANDARD: Die Stimmung in der Belegschaft soll sehr schlecht sein.

Junghans: Die Stimmung ist nicht gut. Die Verunsicherung hat viel zu lange gedauert. Angefangen von der "Sanierung der Airline" durch Alfred Ötsch, wurden wir jedes Quartal wegen eines anderen Grunds verunsichert. Auch bei der Lufthansa findet eine Konzentration statt. Ich verstehe, wenn der dortige Betriebsrat der AUA-Übernahme skeptisch gegenüberstand, weil gleichzeitig mehrere defizitäre Airlines übernommen wurden. Die Rolle des Betriebsrates ist in der aktuellen Situation jedenfalls frustrierend, weil sie hauptsächlich auf ein Rückzugsgefecht hinausläuft.

STANDARD: Wird das Netzwerk so bleiben?

Junghans: Die Größe des Netzwerkes bestimmt der Markt. Ich glaube nicht, dass es zu massiven Einschnitten kommt, weil dann die Sinnhaftigkeit des gesamten Netzes infrage gestellt wird.

STANDARD: Wird die AUA weiter alle Bundesländerflughäfen anfliegen?

Junghans: Ich denke, das wird man davon abhängig machen, ob die Länder bereit sind, Zuwendungen zu geben, wie das etwa bei der Ryanair der Fall war. Ryanair hat angeblich eine Million Euro bekommen, dass sie Klagenfurt anfliegt. Ein Großteil der Passagiere blieb nicht in Kärnten, sondern ging nach Slowenien. Es ist ja nichts Anrüchiges daran, aber was Ryanair kann, muss auch der AUA möglich sein. (Claudia Ruff, DER STANDARD, Printausgabe, 4.1.2010)