Jack White baut sich in der Doku "It Might Get Loud" eine Gitarre.

Foto: Polyfilm

Wien - Irgendwann stöpselt The Edge seine Gitarre in den Verstärker und warnt die Anwesenden mit dem zum Filmtitel auserwählten Satz: "It might get loud." Als der Wahrheit näher kommender Titel würde sich "It will be boring" anbieten, denn was Regisseur Davis Guggenheim in seiner Doku "It Might Get Loud" anrichtet, ist eine Kunst der besonderen Art. Er schafft es tatsächlich, einem Raum, in dem The Edge (Gitarrist von U2!), Jimmy Page (Led Zeppelin!) und Jack White (The White Stripes!) sitzen, Fadgas entströmen zu lassen! Das ist in der Tat eine Kunst.

Guggenheims Ziel war es, die elektrische Gitarre abzufeiern und dieses Wunderwerkzeug der Popkultur von Meistern aus drei Generationen Rockmusik beleuchten zu lassen. Das führt immerhin zu einem hübschen Vorspann, gleichzeitig fürchtet man da schon eine Lehr- bis Leerstunde in Gitarrenfetischismus, aber diese bleibt letztlich aus.

Dafür verliert sich Guggenheim (Oscar für "Eine unbequeme Wahrheit") in den Biografien und Bandgeschichten seiner Protagonisten, was wenigstens einige charmante Momenten zeitigt. Etwa wenn Jack White ein Album mit seinem Lieblingslied des Blues-Altmeisters Son House spielt. Nicht dass es für diese Erkenntnis diesen Film gebraucht hätte, aber immerhin illustriert er die leidlich bekannte Neigung Whites für den Blues.

Selbiges gilt für Jimmy Page, der, als er bei sich zu Hause eine alte Single von Link Wray abspielt, Luftgitarre spielt. Das sind sympathische Seitenblicke in die Popgeschichte. Hübsch anzusehen ist auch der Gesichtsausdruck von White, als Page vor ihm stehend in die Saiten greift und "Whole Lotta Love" intoniert. Da kann der coole Hund seine Begeisterung nicht verbergen, dass er das hier gerade erleben darf. Das alles hätte allerdings locker in einen Youtube-Clip gepasst. Der schlechte Rest der sich wie Kaugummi ziehenden 97 Minuten besteht aus Ausflügen in die Vergangenheit der Darsteller: The Edge führt durch Dublin und plaudert über diverse Effektgeräte. Er könnte aber auch über Kühlschränke sprechen. So spannend ist das.

Andere Stationen sind Detroit, die Heimat von Jack White, Seattle, Oregon, Los Angeles und Nashville oder jenes Haus, in dem Led Zeppelin "When The Levee Breaks" aufgenommen haben. Bei all dem Aufwand wundert man sich über das dürftige Blabla, das letztlich als Resultat vorgeführt wird. Ja, nicht einmal richtig laut ist es geworden!

Ein Film für Masochisten, Abendschulschwänzer und Konzert-DVD-Schauer. (Karl Fluch / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4.1.2010)