Kurt Westergaard (74) bereut fast nichts. 2005 zeichnete er eine Karikatur des Propheten Mohammed mit einem Turban als Bombe samt brennender Lunte für die dänische Lokalzeitung Jyllandsposten. Kurz darauf zündetenDemonstranten in Damaskus die dänische Botschaft an, bei Protesten in der islamischen Welt starben 150 Menschen. "Ich fühle mich nicht verantwortlich - und ich bereue nichts" sagt Westergaard. 2008 karikierte er den Propheten erneut - für ein Buch des antiislamischen Publizisten Lars Hedegard.

Nur dass er vor zwei Jahren auf dem Parteitag der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei auftrat, tut Westergaard leid. Sein ganzes Leben wählte er die Sozialisten, seit sein Vater ihn zwang, sonntags in die Kirche zu gehen, ist er Atheist.

Westergaard ist einer von zwölf Zeichnern, die Mohammed damals für den Jyllandsposten zeichneten - er nennt sich und die anderen "das dreckige Dutzend". Davor hatten sich einige Zeichner geweigert, den Propheten für einen dänischen Kinderkoran zu malen. Der Jyllandsposten lobte daraufhin einen Wettbewerb aus: "Wer wagt es, Mohammed zu karikieren?"

Westergaards Beitrag liegt derzeit sicher verwahrt in einem Bankschließfach. "Die Grafik ist ein Stück dänischer Geschichte" , sagt er. 50.000 Euro haben die Karikaturisten bisher mit den Bildern verdient. Geht es nach Westergaard, soll mit dem Geld ein internationaler Preis ausgelobt werden. Jährlich soll ihn ein Illustrator bekommen, der sich um die Meinungsfreiheit verdient gemacht hat.

Von den Ausschreitungen erfuhr er, als er eines seiner fünf Kinder in Florida besuchte. Der erste Anschlag auf ihn wurde bereits 2007 vereitelt. Zwei Tunesier und ein Däne wurden verhaftet. In den folgenden Monaten zog er siebenmal um, der dänische Geheimdienst PET beschützte ihn. Heute wohnt er in einem Haus mit Videoüberwachung, sein Badezimmer ist zum Panikraum umgebaut. "Ich fühle keine Angst, nur Wut", sagt er. Leid tat ihm vor allem seine Frau Brigitte: "Ich merke ganz deutlich, dass ihr die Situation auf die Nerven geht".

Auf Wunsch seines Vaters wurde Westergaard erst Lehrer für Englisch und Deutsch, später übernahm er die Leitung einer Schule für Behinderte. Seit 25 Jahren zeichnet er nun für Jyllandsposten. Kreativ ist nicht nur sein Beruf: Er trägt gerne eine rote Hose und rote Socken, bunte Halstücher, einen bodenlangen Ledermantel und einen Cowboyhut. (Tobias Müller/DER STANDARD, Printausgabe, 4.1.2010)