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Bandion-Ortner ist "sehr zufrieden" mit ihrer Performance als Justizministerin.

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Wien - Justizministerin Bandion-Ortner plant 2010 weitere Anpassungen im Familienrecht. Handlungsbedarf sieht die Ministerin bei der besseren Durchsetzbarkeit des Besuchsrechts von Vätern, die von ihren Kindern getrennt leben. Außerdem will sie sich das deutsche Modell der gemeinsamen Obsorge ansehen.

"Vorenthaltene" Väter

Probleme ortet Bandion-Ortner bei der Durchsetzung des Besuchsrechts für Väter (oder auch Müttern) nach Scheidungen. Sie verweist auf Fälle, in denen Kinder den Vätern "vorenthalten" würden (etwa unter dem Vorwand, das Kind sei zur vereinbarten Besuchszeit krank oder abwesend), um Unterhaltszahlungen zu erzwingen. Großes Verständnis zeigt Bandion-Ortner offenbar für die Situation der Väter, weniger aber für die Mütter, die auf ihre Unterhaltszahlungen warten: "Es ist natürlich für den Vater ein Wahnsinn, wenn er das Kind lange nicht zu Gesicht bekommt." Zur besseren Durchsetzung des Besuchsrechts will sie sich nun "mögliche Vorbilder in skandinavischen Ländern" ansehen.

Keine konkreten Änderungen geplant

Genau prüfen will Bandion-Ortner auch die in Deutschland seit Ende der 90er Jahre übliche gemeinsame Obsorge. Bei diesem Thema gebe es "zumindest Diskussionsbedarf", sagt Bandion-Ortner mit Blick auf die Beschwerden von Scheidungs-Vätern, die mehr Kontakt zu ihren Kindern fordern: "Im Vordergrund sollte das Wohl des Kindes stehen und das Kind hat nun einmal Anspruch auf beide Elternteile." Auf Änderungen festlegen will sie sich allerdings noch nicht. Während es in Österreich gemeinsame Obsorge nur bei einvernehmlichen Scheidungen und Einwilligung beider Elternteile gibt, sind in Deutschland grundsätzlich beide Elternteile für die Kinder zuständig.

Zufriedene Eigenbilanz

Mit ihrem ersten Jahr als Ministerin ist Bandion-Ortner "sehr zufrieden". "Wir haben einiges weitergebracht", verweist sie auf gesellschaftspolitische Materien wie die jahrelang debattierte "Eingetragene Partnerschaft" für Homosexuelle oder das modernisierte Familienrecht (etwa Erleichterungen für Patchworkfamilien und die "Entrümpelung" des Eherechts von antiquierten Begriffen wie der "Morgengabe"). Neben dem Familienrecht hat sie sich für 2010 auch Reformen bei der Geschworenen-Gerichtsbarkeit vorgenommen. Außerdem verlangt die ÖVP-Ministerin zusätzliche RichterInnen und StaatsanwältInnen für die anstehenden Wirtschafts-Großverfahren um die Hypo-Alpe-Adria und AvW.

Heinisch-Hosek fordert "modernes Familienpaket"

Frauenministerin Heinisch-Hosek hält den Vorstoß von Justizministerin Bandion-Ortner für "oberflächlich". Nur eine automatische gemeinsame Obsorge im Scheidungsfall einzuführen, wäre "zu wenig weit gegriffen". Die SPÖ wolle stattdessen ein "modernes Familienpaket", in dem die Rechte der Frauen berücksichtigt werden.

Prinzipiell habe sie das Gefühl, dass Bandion-Ortner Unterhaltsrecht, Obsorge und Besuchsrecht "etwas vermischt" habe und das sei nicht in Ordnung, meinte die Frauenministerin. Ihr fehle es an Verständnis, wenn die Justizministerin von Fällen spreche, wonach Vätern ihre Kinder vorenthalten würden, um Unterhaltszahlungen zu erzwingen. Stattdessen ortet Heinisch-Hosek eine andere "Schieflage": Für Väter, die beispielsweise ihre Kinder zum vereinbarten Zeitpunkt nicht abholen, gebe es keine Sanktionen, umgekehrt seien für Mütter aber sehr wohl Beugestrafen möglich.

Zwar sei sie dafür, dass ein Kind das Recht auf beide Elternteile habe, betonte Heinisch-Hosek weiters. Lediglich eine automatische gemeinsame Obsorge nach deutschem Vorbild einzuführen, wäre allerdings "zu wenig weit gegriffen" und sie empfehle der Justizministerin, "tiefer hineinzublicken". Man müsse generell über ein "modernes Familienpaket nachdenken, das dem 21. Jahrhundert entspricht", verwies die Frauenministerin auf die verschiedenen "Lebensformen".

Als ersten Schritt wünscht sich Heinisch-Hosek eine Informationspflicht für Lebensgemeinschaften über die Möglichkeit der gemeinsamen Obsorge. Viele Väter würden beispielsweise davon ausgehen, dass mit der Anerkennung der Vaterschaft am Standesamt automatisch eine gemeinsame Obsorge einhergeht, obwohl sie mit der Mutter nicht verheiratet sind. Deshalb sei es nötig, diese Eltern verpflichtend zu informieren, wie und wo die gemeinsame Obsorge beantragt werden kann. (APA)