Wien - Jener junge Mann, der im April 2008 in Wien-Währing den Kommunalpolitiker Gottfried Natschläger auf offener Straße und ohne ersichtlichen Grund zu Boden gestoßen hatte, worauf dieser an den Folgen eines Schädelbruchs starb, ist am Montag neuerlich vor Gericht gestanden. Offensichtlich hatte das milde Urteil für die Körperverletzung mit Todesfolge - zwei Jahre Haft, davon nur drei Monate unbedingt - auf ihn keine abschreckende Wirkung.

Keine sieben Monate nach der Gerichtsverhandlung verübte der mittlerweile 20-Jährige einen Überfall auf einen Supermarkt in Wien-Floridsdorf. "Ich war verzweifelt. Ich hab' Hunger gehabt. Ich hab nix zu essen gehabt. Ich hab ja gesehen, wie ich abnehm'! Ich hab' 17 Kilo abgenommen gehabt", rechtfertigte er sich nun im Straflandesgericht.

"Aus dem Weg geräumt"

Der Jugendliche war erstmals in die Schlagzeilen geraten, als er in der Nähe des Kutschkermarkts dem zufällig ihm im Weg stehenden ÖVP-Politiker Natschläger einen heftigen Stoß versetzte, um diesen - wie das Gericht im Oktober 2008 in der Verhandlung um den Tod des 64-Jährigen feststellte - "aus dem Weg zu räumen". Natschläger verlor das Gleichgewicht, kam zu Sturz, prallte mit dem Kopf zunächst gegen eine Mauerkante und schlug dann hart auf der Gehsteigkante auf.

Das Gericht verhängte dafür eine Strafe, die es dem Burschen ermöglichte, unmittelbar nach der Verhandlung unter Anrechnung der in der U-Haft abgesessenen Zeit als freier Mann nach Hause zu gehen. Der Hauptschul-Absolvent bekam in weiterer Folge sein Leben allerdings nicht in den Griff. Er fand zwar einen Job als Kellner, doch seine Schulden häuften sich auf 40.000 Euro an. Bei seiner Mutter durfte er schließlich auch nicht mehr wohnen. Hie und da nächtigte er bei seinem Bruder, "aber der hat auch nix gehabt. Ich war dort ohne Strom und Wasser und Essen. Es war schrecklich".

Überfall

Am 7. Mai 2009 entschloss sich der 20-Jährige zu einem Überfall auf eine Billa-Filiale. "Es war eine Kurzschluss-Aktion, ich sag's Ihnen ganz ehrlich. Ich hab' in der Zeitung gelesen, wie das geht. Ich hab's genau so gemacht", offenbarte er jetzt einem Schöffensenat (Vorsitz: Daniela Zwangsleitner).

Der 20-Jährige legte an der Kassa zum Schein einen Eistee aufs Förderband, und als die Angestellte den Preis eintippte und sich die Lade öffnete, schubste er die Frau wuchtig zur Seite und griff zu. Mit 1.150 Euro gelang ihm die Flucht.

Dass er knapp ein halbes Jahr später festgenommen wurde, hatte er ausschließlich seiner Ruhmsucht zu "verdanken". Als er mit zwei Freunden beisammen saß, prahlte er mit dem Überfall, der "ganz leicht "gewesen sei. Einer der Freunde ging allerdings zur Polizei, worauf für den redseligen Burschen die Handschellen klickten.

Weil der Schöffensenat noch klären muss, ob es einen Mittäter gab, der vor der Billa-Filiale in einem Fluchtfahrzeug gewartet haben könnte, wurde die Verhandlung auf Anfang Februar vertagt. Der Angeklagte bleibt bis dahin in U-Haft. Im Fall eines Schuldspruchs drohen im für den Raub bis zu zehn Jahre Haft sowie der Widerruf der aus dem Natschläger-Urteil "offenen" bedingten Freiheitsstrafe von 21 Monaten. (APA)