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Die Zahl der Zivildiener hat sich seit dem Jahr 2000 mehr als verdoppelt. Dafür fehlen Rekrukten beim Heer.

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Dem Dienst des Rekruten können immer weniger Österreicher etwas abgewinnen. Ob ein Berufsheer die Lösung wäre, darüber herrscht Uneinigkeit.

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Die Zukunft beginnt jetzt. Und wenn dem so ist, dann sollte sich das österreichische Bundesheer schleunigst etwas überlegen, denn die Aussichten sind alles andere als rosig. Finanziell unterversorgt, die Bundesheer-Reform nur am Rande erfüllt, dazu kommt der Nachwuchsmangel. Immer mehr Zivildiener, immer weniger Grundwehrdiener - Eine Zukunft beim Bundesheer wird für junge Menschen zunehmend unattraktiver.

"Wir schauen schon auf die Zukunft des Bundesheeres", sagt Verteidigungsminister Norbert Darabos. "Auch wenn das Verhältnis zwischen Zivildienern und Rekruten zahlenmäßig immer härter wird." Darabos feiert dieser Tage sein dreijähriges Jubiläum als Verteidigungsminister und auch wenn er seine Arbeit lobt und die Verschlankung des Verwaltungsapparates und die erfolgreichen Auslandseinsätze, verändert hat sich in den Jahren unter seiner Verantwortung kaum etwas. Die Frage, die bleibt: Wie lange kann das Bundesheer seinen - in der Verfassung festgelegten - Aufgaben noch nachkommen? Und wäre ein Wechsel zu einem Berufsheer nicht die logische Alternative?

Berufsheer: 20.000 bis 25.000 Mann

Momentan spricht sich eine der fünf Parlamentsparteien für ein solches Heer aus, nämlich die Grünen. Peter Pilz, Sicherheitssprecher, sagt: "Ein Milizheer ist heute das Überflüssigste auf der Welt. Genauso wie der Assistenzeinsatz, der im Übrigen verfassungswidrig ist." Das BZÖ wäre für eine Art Mischform: Verpflichtete und Freiwillige, jedoch ohne Grundwehrdiener. Herbert Scheibner, unter Schwarz-Blau Verteidigungsminister und heute stellvertretender BZÖ-Obmann sieht das Bundesheer in seiner jetzigen Form "am Ende. Vor allem die Wehrpflicht ist überholt - die Rekruten braucht man momentan nur fürs Sandschaufeln", sagt er im Gespräch mit derStandard.at. Die drei anderen Parteien SPÖ, ÖVP und FPÖ sind für eine Beibehaltung des momentanen Systems.

Was kostet ein Berufsheer?

Wie groß ein Berufsheer sein müsste und wie viel es kosten würde, ist unklar. Die Schätzungen gehen weit auseinander. Peter Pilz, Sicherheitssprecher der Grünen sagt, es würde nicht mehr Geld benötigt als im Augenblick: "Die Frage ist: Was muss das Bundesheer heute noch leisten? Damit jemand bei Lawinenunglücken hilft, muss er nicht am Kampfpanzer ausgebildet werden." Scheibner hingegen glaubt, die Kosten wären höher. Schließlich müsse man den Verpflichteten entsprechende Gehälter zahlen.

50.000 Soldaten könnten momentan eingezogen werden; ein Berufsheer würde "zwischen 20.000 und 25.000 Mann benötigen", sagt Wolfgang Etschmann, Militärhistoriker am Heeresgeschichtlichen Museum im Wiener Arsenal. Unklar wäre allerdings, ob sich genügend Freiwillige melden würden und was die potenziellen Aufgaben wären - Faktoren, die für eine realistische Budgetplanung nötig wären.

Zivildiener: Zahl verdoppelt

Tatsache ist: Die Zahl derer, die dem sechsmonatigen Präsenzdienst die neun Monate bei einer Hilfsorganisation vorziehen, wird immer größer. Seit dem Jahr 2000 hat sie sich verdoppelt: ausgehend von 6.326 sprengte sie im vergangenen Jahr die Grenze von 13.000. Die Zahl der Rekruten sank - nach letzten verfügbaren Zahlen aus einer parlamentarischen Anfragebeantwortung von 15. Jänner 2009 an Darabos - von 31.723 Grundwehrdienern im Jahr 2004 auf 23.689 im Jahr 2008.

Darabos: "Berufliche Zukunft beim Bundesheer"

Der Trend, dass sich immer mehr junge Menschen für den Zivildienst entscheiden, ist nicht nur in Österreich zu beobachten. In der Schweiz fiel im April 2009 die Gewissensprüfung. Sinn dieser Prüfung war es glaubhaft zu beteuern, dass es einem unmöglich sei, eine Waffe abzufeuern. Die Konsequenz: Dreimal so viele Männer als in den Jahren zuvor suchten um eine Zivildienststelle an.

Zivildiener sind mittlerweile bei Trägerorganisationen wie dem Roten Kreuz, der Volkshilfe oder Neustart unentbehrliche Stützen - mit Sanktionen, wie von Innenministerin Fekter gefordert, würde sich "die Katze selbst in den Schwanz beißen", so Tanja Windbüchler-Souschill, Nationalratsabgeordnete der Grünen. "Einerseits braucht der Sozialstaat Zivildiener, andererseits sollen diese aber verschärft sanktioniert werden."

Die Grundwehrdiener hingegen sind eher entbehrlich: "Natürlich wird ein weiteres Zurückgehen der Anzahl da und dort für Engpässe sorgen", sagt Etschmann. "Aber den Gesamtbetrieb stört das nur marginal." Bei einer Umstellung auf ein Berufsheer mangelt es in erster Linie am Geld - das dafür nötige Personal stellt eher ein geringes Hindernis dar. Außerdem müsste die Aufgabenverteilung genauer definiert werden.

"Werbeschiene"

Um dem drohenden Aus der Nachwuchs-Soldaten entgegenzuwirken, fährt Darabos nun die "Werbeschiene", wie er sagt. Soll heißen: Er wirbt in Medien für Plätze beim Heer. "Vor allem in Zeiten wirtschaftlicher Krisen wollen wir den Menschen die Möglichkeit einer beruflichen Zukunft beim Bundesheer aufzeigen", so der Verteidigungsminister. Dass der aktuelle Trend die Form eines Berufsheeres begüngstigt, sieht Darabos nicht: "Die Komponente, die wir in Österreich haben - allgemeine Wehrpflicht mit einem Milizsystem und mit Kadereinheiten kombiniert - erscheint mir für einen Staat wie Österreich idealtypisch", sagte er im Gespräch mit dem STANDARD. (Saskia Jungnikl, derStandard.at, 12.1.2009)