Standard: 2001 beschlossen die Mitgliedsstaaten der Biodiversitätskonvention, den Biodiversitätsverlust bis 2010 deutlich zu reduzieren, die EU wollte ihn gar stoppen. Wieso wurden die Zeitrahmen so unrealistisch kurz gewählt?

Holzner: Ich würde sagen, sie sind realistisch kurz, damit etwas weitergeht. Wenn es 2050 wäre, würden alle bis 2049 schlafen, so ist der Mensch einfach. Außerdem: Was heißt "den Verlust stoppen" ? Alle Arten zu erhalten ist unmöglich, unter anderem, weil vieles, was ich für eine Art tue, anderen schadet. Das ist, als würde ich sagen: Ich will die Lebensqualität aller Menschen sichern.

Standard: Wie steht es um die heimische Biodiversitätsforschung?

Holzner: Jedenfalls profitieren von den dafür aufgewendeten Geldern die Forscher mehr als die Biodiversität. Erst forschen und dann schützen ist der falsche Weg, das muss zumindest gleichzeitig passieren.

Standard: Und was passiert in Österreich?

Holzner: Wahnsinnig viel, es gibt sehr viele Naturschutzprojekte und -programme, und Naturschutz ist gleich Erhaltung der Biodiversität. Es gibt nicht nur negative Entwicklungen, sondern auch viel Positives. So haben etwa gebietsweise die Orchideen, die im Naturschutz so etwas wie heilige Kühe sind, zahlenmäßig zugenommen.

Standard: Was sind Ihrer Meinung nach die vordringlichsten Maßnahmen, um den Verlust an biologischer Vielfalt zu stoppen oder zumindest deutlich zu reduzieren?

Holzner: Das weitaus Wichtigste ist, möglichst viele Leute zu begeistern und mit einzubinden. Anstatt Arten in den Vordergrund zu rücken, die die meisten nie zu Gesicht bekommen, müsste vermittelt werden, dass Biodiversität ein umfassendes Qualitätsmerkmal von Landschaften, Dörfern und Städten ist, und dass alle etwas zu ihrer Erhaltung beitragen können. Es gibt zum Beispiel eine Aktion, bei der Landwirte seltene Pflanzen auf ihrem eigenen Boden zählen. Somit wurde das ihre Biodiversität. (Susanne Strnadl/DER STANDARD, Printausgabe, 5. 1. 2010)