"Ich kann Ihnen mit aller Klarheit sagen, dass wir diesen Unfug nicht mitmachen." 14 Monate ist es her, seit der damalige deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble den Vorstoß der EU-Kommission ablehnt hat, Körperscanner für Flugpassagiere einzuführen. Nach dem verhinderten Attentatsversuch von Detroit hat Deutschland seinen Widerstand aufgegeben, die Niederlande, Großbritannien wollen auch Nacktscanner einführen. Seit Montag müssen in den USA Passagiere, die aus 14 verdächtigen Ländern kommen, durch dieses Gerät.

In Deutschland gibt es zumindest Debatten: über gesundheitliche Risiken, über den Schutz der Intimsphäre. Zu den Kritikern gehören die Polizeigewerkschaft und der Bund deutscher Kriminalisten. In Österreich gibt es nicht einmal auf politischer Ebene eine Diskussion. Es wird abgewartet - wie so oft. Angesichts bisheriger Erfahrungen ist nicht zu erwarten, dass sich just österreichische Politiker querlegen, wenn nun die EU-Kommission Nacktscanner vorschreibt.

Auf EU-Ebene hat zuletzt Ende November Innenministerin Maria Fekter zwar Kritik am Abkommen zum Austausch von Bankdaten mit den USA geübt. Sie hat das Abkommen dann aber nicht verhindert, sondern sich nur der Stimme enthalten. Experten befürchten, dass Daten weniger zur Terrorabwehr denn zur Wirtschaftsspionage genutzt werden, weil Überweisungen Aufschluss über Geschäftsbeziehungen geben können.

Der Terrorbekämpfung soll auch die Vorratsdatenspeicherung dienen, die heuer in Österreich eingeführt wird. Sechs Monate müssen Telekommunikationsunternehmen Daten aufbewahren, wer via Telefon oder Internet wann, mit wem, wie lange und von wo aus kommuniziert. In Deutschland haben 34.938 Bürger gegen die von der EU vorgeschriebene Speicherung geklagt. In Österreich verlangen zwar einzelne Berufsgruppen wie Anwälte, Journalisten und Ärzte Ausnahmen, eine öffentliche Debatte darüber gibt es aber nicht.

Spanien möchte die gerade übernommene EU-Präsidentschaft nutzen, um seinen Plan voranzutreiben, Daten über mutmaßliche Terroristen zwischen den Staaten auszutauschen. Dabei wurden auch in Österreich seit dem von den USA ausgerufenen "Krieg gegen den Terror" Überwachungsinstrumente wie die Handy-Ortung massiv ausgebaut.

Das Mindeste, was eine Bürgergesellschaft im Dilemma zwischen Freiheit und Sicherheit bewahren muss, ist das Bewusstsein für den Preis, den sie zahlt. Es ist eine Gratwanderung. Und es sollte darüber diskutiert werden, welche Maßnahmen wirklich notwendig sind. Auch in Österreich. Nacktscannen, das nicht peinlich ist, gibt es nicht, genauso wenig wie eine Datenspeicherung, die die Persönlichkeitsrechte unberührt lässt.

Auch im Falle des gescheiterten Attentäters von Detroit hat es Warnungen gegeben. Letztlich war es Zivilcourage von Passagieren, die den Anschlag verhinderte. Ein Nacktscanner hätte den Sprengstoff, der in der Unterhose versteckt war, nicht entdeckt. In Saudi-Arabien trug ein Attentäter den Sprengstoff im Körperinnern. Viele der Anti-Terror-Maßnahmen schaffen eine Illusion von mehr Sicherheit, mehr nicht. Der Körperscanner bekämpft Angst, aber nicht individuellen Terror, um den Preis der Freiheitseinschränkung aller. (Alexandra Föderl-Schmid/DER STANDARD, Printausgabe, 5.1.2010)