Natascha Kampusch. Viele wollen davon nichts mehr hören. Aber der Fall ist symptomatisch für den dysfunktionalen Zustand unserer Sicherheitsbehörden. Innenministerin Maria Fekter ist zufrieden mit der Arbeit des Ex-Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes, Ludwig Adamovich, als Chef einer "Evaluierungskommission" zum Fall Kampusch. Sie kann es auch sein, denn Adamovich hat es fertiggebracht, von seinem eigentlichen Auftrag, nämlich der Untersuchung von Ermittlungspannen, vollkommen wegzuführen.

Stattdessen hat Adamovich den Status von Frau Kampusch als Opfer durch haarsträubende Spekulationen unterminiert. Es sei ihr in der Gefangenschaft "allemal besser gegangen als vorher". So etwas aus dem Munde eines Höchstjuristen ist unfassbar. Selbst wenn die halbwüchsige Natascha sich irgendwann mit dem Entführer arrangiert hat (Stockholm-Syndrom) - schlimmer als eine lieblose Mutter ist langjährige Freiheitsberaubung "allemal".

Dazu rückt nun auch das Profil mit der Falschinterpretation an, Natascha Kampusch sei mehrfach geflohen und freiwillig zurückgekehrt. Falsch, sagt der evaluierende Oberstaatsanwalt. Und die ganzen Gerüchte über Kinderporno-Ring und prominente "Auftraggeber" seien auch Quatsch. Aber über das eigentliche Thema - die Ermittlungsfehler und deren mögliche Vertuschung durch eine wahlkämpfende ÖVP - redet keiner mehr. (Hans Rauscher/DER STANDARD-Printausgabe, 5.1.2010)