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Land Rover

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Grafik: DER STANDARD

Von der linken Wächte ist er aus stockdunkler Nacht ins Scheinwerferlicht gesprungen, der Schneehase im weißen Winterkleid, der sich so selten erblicken lässt von den Menschen. Der sanfte Riese, der sich gerade auf den Falzarego-Pass hinaufschob und gegen fünf Uhr morgens das einzige Automobil auf dem Berg war weit und breit, wurde auf Hasentempo gezügelt. Der Hase schlug seine Haken auf der schneebedeckten Fahrbahn, man gab ihm reichlich Vorsprung, doch er hoppelte noch lange so dahin, ehe er sich über die rechte Wächte empfahl. Die Gedanken, die beim Start in Corvara bei minus 20 Grad ganz bei den klammen Fingern waren, waren nun ganz beim Hasen und bei diesem merkwürdigen Bergerlebnis. Das konnten sie auch deshalb, weil einer der vielen Knöpfe am Lederlenkrad dazu dient, es rasch aufzuheizen.

In dieses Auto, dessen Äußeres vergleichsweise schlicht daherkommt, das absolut nichts mit den protzig geschwollenen SUVs zu tun haben will, ist ziemlich alles eingebaut, was das Reisen komfortabel und das Krabbeln abseits der Straßen möglich macht. Das nimmt freilich nicht groß wunder. Der Listenpreis des Testfahrzeugs beträgt 120.650 Euro. Dafür kriegt man Understatement und großen Luxus wie Holz und Leder und Elektronik aller Art. Oder anderswo einen Fuhrpark oder eine kleine Wohnung.

Ein großer Künstler ist der Bildschirm, nämlich zweigeteilt nach Art des Blickwinkels. So kann der Fahrer beispielsweise die Navigation im Auge haben, während sich der Beifahrer an einer DVD ergötzt. Der Chauffeur kann sich von fünf Digitalkameras zeigen lassen, was sich rund um das Auto abspielt, aber ab 18 km/h ist der Blick durch die Windschutzscheibe obligatorisch. Radarsensoren lassen auf den Rückspiegeln Warnsymbole leuchten, falls sie Objekte in den toten Winkeln erspähen. Das Auto ist einem auch behilflich, wenn man vom hohen Sitz, der sich selbstverständlich heizen und kühlen lässt, wieder hernieder auf die Erde will, es senkt sich automatisch ab. Falls man will, geht es per Knopfdruck noch ein Stückerl weiter in die Knie.

Der doppelt aufgeladene V8-Dieselmotor verleiht dem Kantigen im Verein mit dem 6-Gang-Automatik-Getriebe in jeder Situation Leichtfüßigkeit, leistet 272 PS. Der Hase wäre durchaus zu erwischen gewesen. Wem das nicht reicht, der kann auch zum freilich wesentlich schluckfreudigeren Kompressorbenziner greifen, der mit seinen acht Zylindern aus stattlichen fünf Litern Hubraum 510 PS holt.

Produzent Land Rover ist jedenfalls bemüht, etwaige Gewissensbisse, was die Emissionen betrifft, quasi für obsolet zu erklären. O-Ton: "Das CO2-Ausgleichsprogramm von Land Rover gleicht die CO2-Emissionen Ihres Land Rover auf den ersten 75.000 km aus. Mit dem CO2-Ausgleichsbetrag der Land-Rover-Fahrer werden in Kooperation mit Climate Care weltweit emissionssenkende Projekte unterstützt."

Abgesehen davon schreit das Auto nach Extras: Nach Ländereien mit sandigen und felsigen Regionen, Furten, Pisten mit Spurrillen, um die Geländetauglichkeit standesgemäß zu testen, nach Stallungen, einer Rennbahn. Und zwei Beagles. Die würden sich gut machen auf dem sandfarbenen Leder. (Benno Zelsacher/DER STANDARD/Automobil/31.12.2009/01.01.2010)