Huch, was ist denn da passiert? Im Fall der Nachhilfe gebenden Lehrer sind sich SPÖ und ÖVP, vertreten durch die Personen Laura Rudas (SPÖ-Bundesgeschäftsführerin) und Walter Riegler (ÖVP-naher Lehrergewerkschafter) ausnahmsweise einmal einig. Doch Recht haben sie trotzdem nicht.

Rudas hatte im Standard-Interview gefordert, die Nachhilfetätigkeit von Lehrern stärker zu reglementieren. Denn nicht selten kommt es vor, dass Schüler von Lehrern ihrer eigenen Schule Nachhilfe bekommen. Riegler pflichtete ihr bei und sagte, dass es blöd aussehen könnte, je näher am Arbeitsplatz die Nachhilfe erteilt werde. Es gebe großen Bedarf, sagte Riegler weiter. „Mindestens drei Schulen weiter" gibt es demnach also auch etwas zu tun.

Das sagen sie also beide und verschließen die Augen vor einem der größten Probleme des österreichischen Schulsystems überhaupt: Jenem, dass Nachhilfe überhaupt erteilt werden muss.

Wie kommt‘s dazu? Nun, noch immer werden Kinder in jungen Jahren in verschiedene Schultypen getrennt, Hauptschule und Gymnasium - und manche landen im falschen. Da und dort zählt, was man nicht kann und nicht, was man kann. Und so bleibt der Einheits-Fleischwolf zwar oft stecken, doch anstatt ihn zu reparieren, wird ausgesiebt. Und die Schüler (deren Eltern) müssen selber schauen, wie sie es wieder in die Maschinerie schaffen.

Ja und dann gibt es noch die engagierten Lehrer und deren Projekte an diversen Schulen - immer wieder angelehnt am skandinavischen Bildungsmodell, angelehnt an der gemeinsamen Schule der Zehn- bis 14-Jährigen, an der Schüler am Nachmittag nicht betreut sondern unterrichtet werden, kurz: Am Traum der Schulzeit ohne Nachhilfe.

Seit Jahren, Jahrzehnten!, befinden sich diese Träume in den Pipelines und Schubladen diverser Bildungsminister und Regierungen. Doch nur langsam werden Schritte unternommen, sie auch zu erfüllen. Bis dahin werden Eltern weiterhin ihre begabten Kinder in die richtige Schulform stecken und Millionen für Nachhilfe ausgeben, Lehrer sich weigern, unbezahlt länger in der Schule zu stehen, Schüler unzufrieden ihre Zeit absitzen und sich fragen: wozu hab‘ ich das gebraucht? Eh nicht alle, werden jetzt viele aufschreien. Aber schön blöd für die, die an das marode System glauben müssen. (Marijana Miljkovic, derStandard.at, 5. Jänner 2010)