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In Graz gibt es sie schon, in Linz soll sie bald folgen: eine Ordnungswache. Sicherheitsbeamte sollen zusätzlich zur Polizei für Recht und Ordnung in der Stadt sorgen.

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In Graz wird über eine Aufstockung des Personals nachgedacht, das seit November 2007 im Einsatz ist.

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"Wie wir es machen, wir machen es falsch." Klaus Luger, SPÖ-Vizebürgermeister von Linz, ist einigermaßen genervt. Seine Partei hat der Einführung einer Stadtwache im Gemeinderat zugestimmt, obwohl sie vor der Gemeinderatswahl im vergangenen Herbst noch dagegen war. "Die Einrichtung einer Stadtwache käme einem zahnlosen Tiger gleich", hieß es damals noch. Begründet hat die Partei den plötzlichen Meinungsschwenk damit, dass man dem Wählerwillen Folge leisten möchte. Die Stadtwache war das Wahlkampfthema Nummer eins der FPÖ. Auch die ÖVP war dafür. Beide Parteien konnten bei der Wahl zulegen. Die SPÖ, die Wählerstimmen verloren hat, sah sich gezwungen zu handeln.

Doch von Kritik bleibt sie deshalb nicht verschont. Im Gegenteil: Die Partei befindet sich in einer Zwickmühle und kämpft mit ihrer Glaubwürdigkeit. Kritik kommt von der eigenen Parteijugend und von den Grünen, die nach dem 180-Grad-Schwenk einen Anstieg der Politikverdrossenheit befürchten. Wenn nach der Wahl nicht mehr das gelte, was zuvor gesagt wurde, sei das nicht gerade förderlich, so Grünen-Gemeinderat Markus Pühringer. FPÖ-Spitzenkandidat Detlef Wimmer, mittlerweile zum Stadtrat für Sicherheit gekürt, lobt zwar die "Kompromissbereitschaft" der SPÖ, sieht jedoch auch eine Gefahr, nämlich dass die SPÖ "nur im Schein dafür, in Wahrheit dagegen" ist. Er kritisiert, dass das SPÖ-Engagement nur gespielt sein könnte. "Es genügt kein Lippenbekenntnis, sondern Worten müssen auch Taten folgen", fordert er.

Keine Stadtwache bei SP-Wahlsieg

SP-Vizebürgermeister Luger - von ihm stammt im Übrigen der Vergleich mit dem zahnlosen Tiger - erklärt im Gespräch mit derStandard.at, dass er nach wie vor nicht euphorisch sei, man aber die Entscheidung der WählerInnen respektieren müsse und deshalb zugestimmt habe. "Hätte die SPÖ bei der Wahl nicht verloren, gäbe es die Stadtwache nicht", betont Luger. Als Gegner der Stadtwache will er sich aber nicht bezeichnen, sondern bloß als Skeptiker. Man werde sich das "Pilotprojekt" nun anschauen und sich nicht in die Quere stellen.

Zugestimmt hat die SPÖ auch aus dem Grund, weil sie Angst hat, sonst in den kommenden Jahren als Sündenbock hingestellt zu werden: "Bei jedem kleinsten kriminellen Anlass wären wir sonst die Schuldigen, die die Stadtwache verhindert haben."

Prävention im "Graubereich"

FP-Stadtrat Wimmer ist unterdessen mit den Vorbereitungen beschäftigt und wünscht sich dabei eine konstruktive Zusammenarbeit aller Parteien. Bis vor Weihnachten hatten die Parteien Zeit, Vorschläge und Ideen zu liefern, wie die Stadtwache, bestehend aus zunächst 18, später 30 Personen, konkret aussehen soll. Die SPÖ aber nahm nicht daran teil und lieferte keine Vorschläge, so Luger. Auch die Grünen verweigerten die Teilnahme, weil sie nach wie vor dagegen sind, berichtet Gemeinderat Pühringer: "Wir waren immer dagegen und haben keine Vorschläge genannt, weil uns das in unseren Augen nicht sinnvoll erscheint."

Die Vorschläge von FPÖ und ÖVP hingegen seien "breit gefächert", so Wimmer. Von der Entfernung von Hundekot, der Verhinderung von Schmierereien, illegaler Bettelei oder Straßenmusik, über die Kontrolle der Sperrstunden soll das Aufgabenspektrum der Ordnungshüter reichen. Wimmer fasst den Auftrag an die Stadtwachebeamten folgendermaßen zusammen: "Sie sollen im Graubereich zwischen Polizei und Magistrat zum Einsatz kommen und als Konfliktmanager agieren."

Bis Ende Jänner werden die Ideen von Experten juristisch geprüft, um zu sehen, was möglich und umsetzbar ist. Kleidungstechnisch stellt sich Wimmer eine Uniform vor. Bewaffnet sollen die Ordnungshüter mit einem Pfefferspray, nicht mit einem Schlagstock sein, da bei letzterem eine aufwendigerer Schulung, um ihn einsetzen zu können, notwendig sei, so der FP-Stadtrat.

Graz: 18 Ordnungshüter seit 2008

Anregungen werden sich die Linzer Politiker möglicherweise auch in der Steiermark holen, denn wo Linz hin will, ist Graz schon längst: Die "Ordnungswache", wie die Hüter von Sitte und Anstand in der Murstadt heißen, patrouilliert dort schon seit mehr als zwei Jahren. Rechtzeitig vor der Gemeinderatswahl 2008 beförderte Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) 18 Magistratsbeamte zur Autorität auf der Straße. Dort exekutieren sie das steirische Landessicherheitsgesetz, Alkoholverbot am Hauptplatz und Fahrradverbot im Stadtpark inklusive. Verwaltungsstrafen bis 30 Euro gibt es außerdem für Missetaten wie Tauben füttern und Wildpinkeln (= Urinieren im Freien).

Auch in Graz war der Ordnungswache ein zähes Ringen zwischen Rot und Schwarz vorausgegangen - allerdings nicht darum, ob eine Stadtwache kommen solle. Nein: Bürgermeister Nagl und sein damaliger SPÖ-Widersacher Walter Ferk stritten darum, wer sie erfunden habe und wie sie heißen solle. Schließlich wurde die Ordnungswache im November 2007 im Grazer Gemeinderat abgesegnet. Nicht nur beide Großparteien, auch die Kommunisten stimmten mit.

Nagl will Grazer Ordnungswache aufrüsten

Mittlerweile scheinen sich die Grazer an die Ordnungswache gewöhnt zu haben - es bleibt ihnen auch keine Wahl. Das Alkoholverbot wurde im Frühjahr 2009 vom Grazer Hauptplatz auf die Partymeile im Uni-Viertel ausgedehnt. Auch über eine personelle Aufstockung denkt Bürgermeister Nagl schon länger nach. Schließlich patrouillieren die bislang 18 Ordnungshüter - vorwiegend umgeschulte Straßenbahnfahrer und Putzkräfte aus dem Magistrat - bei Tag und Nacht.

Nagl will auf 36 verdoppeln, drei Streifen sollen dann das gesamte Stadtgebiet nach widerspenstigen Bürgern durchforsten. Allein: Das Stadtoberhaupt sucht ebenso fieberhaft wie vergeblich nach Personal: Denn niemand, so dringt es laut "Kleiner Zeitung" aus dem Grazer Magistrat, will sich den aufwendigen Job des Ordnungswächters - mit Nacht- und Wochenenddiensten - antun. Ein Problem, das auch noch auf Linz zukommen könnte. Überlegt wird dort deshalb, eine externe Security-Firma zu engagieren. (Lukas Kapeller, Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 7.1.2010)