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Sumo-Chef Asashoryu bestritt Mittwoch den Eröffnungstanz der Ringer. Politisch tat es ihm der neue Finanzminister Kan gleich.

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Neuer Finanzminister: Naoto Kan.

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Damit schloss der Reformpremier eine gefährliche Lücke im Kabinett.

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Es war die größte Herausforderung in der noch nicht einmal viermonatigen Amtszeit des Wendepremiers Yukio Hatoyama. Zu Wochenbeginn kündigte sein Finanzminister Hirohisa Fujii den Rücktritt an. Der 77-Jährige war nach der Erstellung des Haushaltsentwurfs für 2010 wegen Erschöpfung ins Krankenhaus eingeliefert worden. Die Schlüsselstelle der neuen Regierung, die Japan den Ausbau des sozialen Netzes versprochen hatte und gleichzeitig Konjunkturprogramme gegen die Krise auflegte, war mit einem Mal unbesetzt.

Am Mittwoch machte Hatoyama seinen Vizepremier Naoto Kan rasch zum Nachfolger von Fujii. Der Neue muss allen Reformversprechen zum Trotz gleichzeitig Haushaltsdisziplin wahren. Sonst könnte Japans extrem hohe Staatsverschuldung von rund 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu einer Vertrauenskrise an den Kreditmärkten führen.

Fujii war Hatoyamas erste Wahl für diese Aufgabe gewesen. Als Spitzenkandidat der Demokraten hatte er den Senior seiner Partei kurz vor den Unterhauswahlen im Sommer 2009 persönlich überredet, aus dem Ruhestand auf die politische Bühne zurückzukehren. Denn als ehemaliger Finanzbeamter und Finanzminister verband Fujii als einer der wenigen Politiker der erstmals regierenden Demokraten haushaltspolitischen Sachverstand mit Regierungserfahrung. Er war 1993 Finanzminister in einer Koalitionsregierung, die damals kurzzeitig die von 1955 bis 2009 fast ununterbrochen regierenden Liberaldemokraten von der Macht verdrängt hatte.

Mit der Berufung des 63-jährigen Kan zum neuen Schatzmeister ist Hatoyama nun auf Nummer sicher gegangen. Dem Mitbegründer der Demokraten wird von Beobachtern noch am ehesten zugetraut, den 92.300 Milliarden Yen hohen Rekordhaushalt für das im April beginnende Fiskaljahr glatt durch die anstehenden parlamentarischen Diskussionen zu manövrieren.

Kan mangelt es zwar an tiefgehenden haushalts- und wirtschaftspolitischer Kenntnissen. Dafür war er als Strategieminister federführend an allen Fragen des Haushalts und der Wirtschaftspolitik der Regierung beteiligt. Zudem hat er sich 1996 als Gesundheitsminister den Ruf als talentierter wie unerschrockener Krisenmanager erworben. Kan deckte damals gegen den Widerstand seiner Beamten auf, dass das Ministerium jahrelang die Verseuchung von Blutkonserven mit HIV-Viren vertuscht hatte. Sein Amt als Strategieminister übernimmt Yoshito Sengoku.

Im Abwind

Kurz vor den Teilwahlen zum Oberhaus in diesem Sommer ist es für Hatoyama politisch wichtig, eine glücklichere Hand bei der Personalwahl zu beweisen. Die Demokraten müssen in diesen Wahlen die Mehrheit gewinnen, damit sie endlich ohne Querschüsse ihrer zwei sehr kleinen, aber extrem selbstbewussten Koalitionspartner frei regieren können.

Nur ist Hatoyamas Popularität im vergangenen Monat drastisch gefallen - zum einen wegen Parteispendenskandalen, die ihm wie auch dem Generalsekretär der Demokraten, Ichiro Ozawa, anhaften. Zum anderen verfestigt sich der Eindruck, dass Hatoyamas versprochene Unterwerfung der Beamten nicht vorankommt, er Wahlversprechen bricht und Ozawa der eigentliche Strippenzieher ist.

Innenpolitisch dürfte sich die Wahl von Kan als neuem Finanzminister aber auszahlen. Kan könnte sein jähzorniges Temperament dazu nutzen, endlich die von den Demokraten versprochene Fahndung nach den verborgenen Schätzen im Finanzministerium voranzutreiben. (Martin Kölling aus Tokio, DER STANDARD, Printausgabe, 7.1.2010)