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Flecker möchte gegen politisches Fremdgehen vorgehen.

Foto: APA/Leodolter

Graz - Er gilt als eines der großen Übel der heimischen Regionalpolitik: der Proporz. Ab einer bestimmten Größenordnung sitzen unterschiedliche Parteien gemäß der Proporzverfassung automatisch in den Landesregierungen. Die dadurch bisweilen bunt zusammengewürfelten Regierungen werkeln mangels klarer Koalitionspakte meist "ohne gemeinsame Ziele" vor sich hin, kritisiert der steirische Landtagspräsident Kurt Flecker (SP) im Gespräch mit dem STANDARD. Er will jetzt eine neue Initiative zur Abschaffung dieses Proporzsystem in seinem Bundesland starten.

Das Proporzsystem gibt den Regierungsparteien die Gelegenheit - was vor allem von den kleineren Regierungspartnern genutzt wird -, eine dauerhafte Blockadepolitik zu betreiben. In der Steiermark gibt es deshalb seit Jahrzehnten einen Disput über die Sinnhaftigkeit des Proporzes. Wobei der politische Standort den Standpunkt zum Thema bestimmt. Als die VP an der Macht war, argumentierte sie leidenschaftlich und untermauert mit Dutzenden wissenschaftlichen Expertisen für die Abschaffung des Proporzes. Die SP lehnte empört ab, hätte dies doch den Rauswurf aus der Regierung bedeutet. Jetzt ist die SP am Ruder und verlangt, wie zuvor die Schwarzen, ein Ende des Proporzes. Die VP hingegen setzte zum Umkehrschwung an und erkannte plötzlich dessen Notwendigkeit zur "Kontrolle der Macht". Nun steht das Werkl wieder.

Proporz als "wilde Ehe"

Mit einem "Vorschlag zur Güte" will Flecker jetzt wieder Bewegung in die Debatte bringen. SP und VP sollten noch vor den Landtagswahlen im Herbst beschließen, dass der Proporz aufgehoben wird, gültig werden soll die neue Regelung erst 2015, also ab der übernächsten Legislaturperiode. Flecker: "Eigentlich sollte eine Regierung verpflichtet sein, gemeinsam zu handeln, stattdessen gibt es im Proporzsystem kein gemeinsames Ziel. Jeder arbeitet für sich. Es ist wie in einer wilden Ehe. Jeder geht ständig fremd. Das funktioniert nicht. Wie sollten etwa die SP und die FP, sollte sie in die Regierung kommen, eine gemeinsame Migrantenpolitik machen? Das ist unmöglich."
Flecker möchte gegen politisches Fremdgehen vorgehen. (Walter Müller/DER STANDARD-Printausgabe, 7.1.2010)