Kabul/Washington - Er schien Wichtiges zu sagen zu haben, dieser Khalil Abu Malal al-Balawi. Die CIA-Agenten, die in den Bergen an der afghanisch-pakistanischen Grenze Jagd auf die Köpfe Al-Kaidas machten, schätzten ihn als verlässliche Quelle. Der Jordanier (36) kannte das Innenleben des Netzwerks, die Schlupfwinkel, die Logistik. Offenbar sollte er den Weg zu Ayman al-Zawahiri weisen, zu Osama Bin Ladens rechter Hand.

Al-Balawi war der wohl wichtigste Spurensucher der Amerikaner in einer Region, deren politisches Terrain mit dem Treibsand häufig wechselnder Loyalitäten sie nicht wirklich verstehen. "Das war jemand, dem die CIA sehr, sehr vertraute" , zitiert das Wall Street Journal einen Geheimdienstkenner. Kein Wunder, dass der Spionagedienst die kundigsten Experten seines afghanischen Außenpostens aus Kabul in die Stadt Khost beorderte, wo der Informant aus dem Nähkästchen plaudern wollte.

Sharif Ali bin Zeid, al-Balawis jordanischer Verbindungsmann, eng verbandelt mit der CIA, brachte ihn auf verschlungenen Wegen in die "vorgeschobene Operationsbasis Chapman" . Durchsucht wurde er nicht, die Wachen sahen in ihm einen Freund. Kaum war die Runde versammelt, zündete al-Balawi eine unter seiner Kleidung versteckte Sprengladung. Sieben Amerikaner, vier Beamte und drei als Freiberufler angeheuerte Antiterrorspezialisten kamen ums Leben. Für die CIA ist es der größte Verlust seit 1983, als bei einem Anschlag der Hisbollah in Beirut 17 Agenten starben.

Zugetragen hat es sich am 30. Dezember. Doch erst jetzt hat die Zentrale in Langley ihr Schweigen gebrochen und Gerüchte bestätigt, wonach der Selbstmordattentäter ein Doppelagent war, eingeschleust bei Al-Kaida, doch offensichtlich von Bin Ladens Truppe als Waffe benutzt. Es ist eine Schlappe, mit der die Schlapphüte noch stärker ins Kreuzfeuer der Kritik geraten, nachdem sie schon im Fall des Weihnachtsbombers Umar Faruk Abdulmutallab kläglich versagt hatten.

Fiasko von Khost

Das Fiasko von Khost begann damit, dass sich al-Balawi, der nicht weit vom Toten Meer in Zarqa aufwuchs und in Istanbul Medizin studierte, von den Gedanken radikaler Islamisten anstecken ließ. Das brachte ihm ein paar Monate in einem jordanischen Gefängnis ein, wo er sich von Spionen der Monarchie anwerben ließ.

Die CIA profitierte davon, glaubte davon zu profitieren. Dass der Doktor auf Websites der Dschihadisten den Heiligen Krieg predigte, dass er Afroamerikaner und Indianer zum Kampf gegen den "unterdrückerischen" Uncle Sam aufrief, schien nur perfekte Tarnung zu sein. Al-Balawi lieferte Verwertbares, das zählte.

Es war ein neues Kapitel einer so traditionellen wie unpopulären Kooperation, über die sowohl Amerikaner als auch Jordanier gewöhnlich den Mantel des Schweigens breiten. Bis jetzt. Ali bin Zeid, der getötete Führungsoffizier al-Balawis, war ein Cousin Abdullahs II., des Königs. (fh, DER STANDARD, Printausgabe, 7.1.2010)