Innsbruck - "Letztendlich war unser Zugang sehr einfach", sagt Christian Roos, "aber man muss erst einmal auf die Idee kommen, es so zu machen." Wenn es um Quantenphysik geht, ist "einfach" indes eine relative Größe. Und um eines der besonders schwer vorstellbaren quantenphysikalischen Phänomene geht es in der neuen Studie Innsbrucker Physiker, die heute in der renommierten britischen Wissenschaftszeitschrift Nature (Bd. 463, S. 68) erscheint.

Die neue Arbeit der Forscher um Rainer Blatt hat ihre Wurzeln in einem Geniestreich des britischen Physikers Paul Dirac, der 1928 erstmals die Quantenphysik mit der Speziellen Relativitätstheorie Albert Einsteins verband. Der nach Dirac benannten Gleichung entsprangen einige bahnbrechende neue Erkenntnisse - zum Beispiel jene, dass es zu jedem Teilchen auch ein Antiteilchen (die Antimaterie) gibt.

Im Anschluss an Dirac formulierte der österreichische Physiker Erwin Schrödinger dann 1930 die Existenz der sogenannten Zitterbewegung, einer Art Fluktuation in der Bewegung von Teilchen, die sich nahe der Lichtgeschwindigkeit bewegen. In den Worten des Physikers Christian Roos vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der ÖAW: "Ein solches Teilchen bewegt sich im freien Raum nicht geradlinig fort, sondern 'zittert' in allen drei Raumdimensionen." Unklar sei allerdings, ob sich diese Zitterbewegung in der Natur direkt beobachten lässt.

Wie aber soll man es dann aber anstellen, diese schwer vorstellbare Zitterbewegung zu "beweisen"? Wenn Gleichungen zu kompliziert sind, um sie exakt zu lösen, gibt es noch die Möglichkeit der Computersimulation. Doch selbst für relativ kleine Quantensysteme stoßen Großrechner oft an ihre Kapazitäten.

Quantensystem-Simulation

Physiker wie Richard Feynman schlugen deshalb vor, bestimmte Phänomene in anderen Quantensystemen experimentell zu simulieren. Und genau das macht die Innsbrucker Forschergruppe um Rainer Blatt bereits seit Jahren höchst erfolgreich.

Zur Simulation der Dirac-Gleichung - um zum "einfachen Zugang" zu kommen - haben die Physiker ein Kalziumatom in einer Ionenfalle gefangen und mit Lasern stark abgekühlt. In diesem wohldefinierten Zustand wurden dem Teilchen mithilfe von weiteren Lasern die Eigenschaften des zu simulierenden relativistischen Teilchens eingeschrieben. "So gelang es uns, die Zitterbewegung in der Simulation nachzuweisen", fasst Erstautor Rene Gerritsma die Studie zusammen. Ganz einfach. (Klaus Taschwer/DER STANDARD, Printausgabe, 07.01.2010)