Bild nicht mehr verfügbar.

In einer verdienstvollen wie vergnüglichen großen Rundschau widmet sich das Österreichische Filmmuseum bis 8.2. einer wilden Ära der italienischen Filmkomödie, der Commedia all'italiana der Wirtschaftswunderjahre von den späten 50ern bis zu den frühen 70ern. Und berechtigt stellt sie dabei Dino Risi (1916-2008) - links beim Empfang eines Ehrenlöwen 2002 in Venedig, rechts 1960 am Set von "Un amore e Roma" mit Schauspieler und Regiekollegen Vittorio de Sica - in den Mittelpunkt, steht er doch für das Spöttische und Polternde einer Epoche weit vor allen PC-Neo-Puritanismen.

Vor allem auch für das Sozialkritische - und unter anderem weil das beim aktuellen Premier so unbeliebt ist und der in seinen Medienkonglomeraten gar viele Rechte gebunkert hat, war es zuletzt nicht leicht, die Commedia all'italiana jüngeren Zuseherschichten zu erschließen. Restaurierungsprojekte, ermuntert vom Festival von Venedig, sind denn auch eine wesentliche Grundlage für die jetzige, ein gutes halbes Dutzend Regisseure vorstellende Retrospektive.

Doch die eingefleischten italienischen Fans ließen ohnedies nicht locker und teilten ihre Passion über Best-of-Youtube-Clips mit - und diesen Spuren sei hier einmal ausführlich nachgegangen. Klar, das ist O-Ton - Untertitel fehlen meist (spielt aber selten eine Rolle). Und, keine Sorge: Bei der Retro im Filmmuseum gibt es immer (zumindest englische) Untertitelung.

Sicherlich, nicht alle Werke sind vertreten: Poveri ma belli / Arm, aber schön, Risi vergleichsweise frühe, romantisch-flatterhafte Komödie über Adoleszenz und Jugendkultur im Jahre 1957 (anno 1969 als "Puppe mit Pfiff" vermarktet, im Filmmuseum zu sehen am So 17.1. 18:30), ist etwa bloß über eine nette Interview-Passage mit dem da bereits sehr alten Regisseur vermittelt (youtube.com/watch?v=16Us7U9On58), aber bei anderen Filmen streamt es üppig:

Fotos: Reuters/Claudio Papi / ANSA-Archiv

"Verliebt in scharfe Kurven" ist der doppeldeutige, alte deutsche Verleihtitel von Risis Il sorpasso  (1962; Eröffnungsfilm der Retrospektive, Wiederholung am So 24.1. 20:30). Auf der "Überholspur" sind darin Vittorio Gassman als alternder Lebemann und  Jean-Louis Trintignant als Jungstudent: Sportwagenfahrer pickt mitten in der trägen Ferragosto-Urlaubssaison einen protoypischen Pisa-Streber auf - für einen voltenreichen Trip ans Meer. Auf der heimlichen Heldin des Films - einer silbergrauen Lancia Aurelia 24 - lümmelnd, blicken Risi und Gassman dreißig Jahre später im Cinecittà-Museum in einem kurzen Clip (watch?v=Sf8m9l74_Ts) auf einen immens einflussreichen Film zurück, der - bis zur Erschöpfung tobend - dem Genre des antikleinbürgerlichen Road-Movies ein frühes Monument setzte. Von diesem Proto-"Easy Ride" findet sich eine Best-of-Szenenfolge online (watch?v=LoAGOE0O4Jk)  und, weniger Gags verratend, der Trailer von einst (watch?v=RO_tfAJ2MR8) - und beide präsentieren sich äußerst Twist-lastig. 

Jüngere Zuseherschichten mögen Dino Risi vor allem über den Umweg eines Hollywood-Remakes kennen, Der Duft der Frauen / Scent of a Woman von 1992. Nicht, dass dieses Al-Pacino-Vehikel ein schlechter Film wäre - und sein Method Acting ist darin eher zweckdienlich dosiert -, aber im Vergleich zum Original ist es weichgespült, voll simpler Didaktik und nach Harmonie strebend, Studio-Feel-Good eben. The Real Stuff von 1974 ist Profumo di donna, und Gassman berserkert darin als blinder Ex-Offizier, ganz Furioso einer Verletztheit, von ersten Begegnung mit seinem jungen Adlatus (Alessandro Momo) weg (watch?v=jf6XujLY6hg), über einen Moraldiskurs mit einem Pfarrer (watch?v=_gHX6yW62gU) bis hin zu einer vielsagenden Partyszene (watch?v=ONyaYgnG0oA) - und das ist in voller Länge an zwei Sonntagen zu erleben, am 17.1. um 20:30 und am 7.2. um 18:30.

An dieser Stelle nicht mit Abbildung vertreten ist ein explizit politisches Hauptwerk von Dino Risi, Una vita difficile / Ein schweres Leben von 1961 (Fr 22.1. 20:30, Mi 3.2. 20:30), mit Alberto Sordi als WK2-Widerstandskämpfer, den das wirtschaftswunderliche Suhlen in Konsum und Korruption kräftig desillusioniert - bis hin zu einem epischen Wutausbruch im Morgengrauen mitten auf einer Küstenpromenade. Den die italienische Youtube-Community dann auch gerne in voller Länge ins Netz stellte und kommentierte - enjoy: watch?v=MBt1nm2p-zo

Fotos: Filmmuseum

Als stets deklariert linkspolitischen Regisseur sieht sich Mario Monicelli, 1915 im toskanischen Badeort Viarregio geboren und links im Bild als kreuzfideler 94-Jähriger vergangenen Spätsommer als Gast beim Festival von Venedig, wo sein Antikriegsepos La Grande Guerra von 1959 (Mi 13.1. 20:00, Mo 25.1. 20:30) nach Restaurierung eine Wiederaufführung erlebte. Mit Gassman und Sordi in einer Abfolge von Absurditäten im 1. Weltkrieg  - Eindrücke dazu finden sich unter watch?v=IfsCA-q17Nc, unter watch?v=q7MU_uT3KSg und unter watch?v=JsWro8pp-Jk.

Monicelli war und ist Vielarbeiter, seit 1935 kommt er auf 105 realisierte Drehbuch- und 66 Regiearbeiten. Die größte nachhaltige Popularität verdankt er einer schlitzohrigen All-Star-Gaunerkomödie, I soliti ignoti / Diebe haben's schwer (1958, So 7.2. 20:30) mit Neapels Komiklegende Totò (Bild Mitte), einem noch jungen Marcello Mastroianni (ganz rechts) und wiederum Gassman. Erinnerungshilfe: watch?v=GG2wk6QU9-g

Berühmtes filmhistorisches Kuriosum: L'armata Brancaleone / Die unglaublichen Abenteuer des hochwohllöblichen Ritters Brancaleone (1966, So 10.1. 16:00, Sa 23.1. 20:45), eine experimentelle Mittelalter-Veralberung mit hübschem Animationsvorspann (watch?v=4QOWIDZH9AQ) und einiger Vorbildwirkung für nachfolgende Blackadders, Kokosnussritter und Konsorten - siehe watch?v=kaySqDanUaA  

Dass Monicelli gerne zu weitreichenden politischen Themen befragt wird - etwa unter watch?v=DR9uY7miuDI für einen EuroNews-Magazinbeitrag -, bergründet sich nicht zuletzt auf Werken wie seinem historisch akkurat und breit angelegten Industriestreik-Drama I compagni /  Die Weber von Turin (1963, Mi 20.1. 20:30, Do 4.2. 18:30 - französische Würdigungen via watch?v=4dWlhiV8DQk). Aber seinen hellwachen Verstand & Witz belegen vielmehr Szenen wie jene aus Un borghese piccolo piccolo / Ein wirklich kleiner Kleinbürger von 1977 (Sa 6.2. 20:45), in der Alberto Sordi als traumatisierte Durchschnitts-Kreatur beschließt, in eine Freimaurerloge einzutreten:  Burschenschafterpomp zum Quadrat, großartig - watch?v=G6V_rDUm3rw

Fotos: Filmmuseum

Pietro Germi (1914-1974) stammte aus Genua, und er liebte Sizilien innig, was er gerne zugab (siehe eine kleine englisch untertitelte Interviewpassage: watch?v=4dazYf2mGp8) - aber vor allem mit einer sprichwörtlich gewordenen spöttischen Filmhommage untermauerte. Eine Divorzio all'italiana  / Scheidung auf italienisch  (1962, Fr 15.1.  20:30, Sa 6.2. 18:30) erstrebt Marcello Mastroianni als Baron Ferdinando Cefalù, genannt Fefè, der lieber seine junge Cousine Angela ehelichen möchte. Das Gesetz erlaubt's nicht, und so bleibt nur §587, der "Ehrenmord". Als kleines Gustostück aus dieser Antithese zu Lampedusas "Leopard"-Adelsbeweinung: ein pro Emanzipation auftretender PCI-Redner - und die Zuhörerreaktionen darauf: watch?v=bSJhGsaQ8Ek

Etwas pointierter noch legte Germi zwei Jahre später nach: Student verführt die junge Schwester seiner Verlobten, will diese aber bei aller Vernarrtheit nicht heiraten, da (dank ihm) nicht mehr Jungfrau. Ein alle Autoritäten der sizilianischen Kleinstadt befassender Grundsatzstreit um Ehe-Ehrenfragen hebt an, und es passieren einige Wendungen, bis mit Sophismus das Schlupfloch eines archaischen Rituals gefunden wird. Sedotta e abbandonata heißt der zweite Streich, und eigentlich "verführt und verstoßen", der deutsche Titel denkt maketingtechnischer: Verlobung auf sizilianisch (Sa 16.1.  20:30 und Fr 5.2. 20:30).  Stefania Sandrelli darf ihre Rolle um einiges vollblütiger anlegen (rechts dazu das Promo-Foto), und die Youtube-Fangemeinde stellte zwei Schlüsselszenen ins Netz, die viel von der Italo-Western-artigen Regie verraten, aber halt auch ein wenig zu ausführlich von der Filmhandlung: watch?v=2mbZo8mwXFg  und  watch?v=sXdx6icfzuQ. Tip für alle: der Filmvorspann mit der üppigen Auftakt-Serenade - watch?v=ZAjp9YnATIU

Aber auch Norditalien erhielt seine Moralsatire: Signore e signori / Meine Damen und Herren (1966, Sa 23.1. 16:00, Mo 1.2. 18:30) entführt in den Veneto, in eine augenscheinlich gutbürgerliche Partygesellschaft, aus der manche romantisch bewegt aussteigen möchten, in der ansonsten Ehebruch als Volkssport erscheint, um dem großen Ennui zu entfliehen - bis ein, um tagesaktuelle Metaphorik zu verwenden, Polanski-Delikt reihum alle in ein einen großen Vertuschungszirkus verwickelt: watch?v=wthM32JZjuM mit zwei ähnlichen Clips gleich daneben.

Fotos: Filmmuseum

Stefania Sandrelli - bereits 16-jährig zu Kinoruhm gelangt, bis heute durchgängig gut beschäftigt und u.a. 2005 mit Venedigs Ehrenlöwen gewürdigt - war sozusagen der Jungstar No. 1 der Commedia. Und bereits vor einem Jahr, bei einer thematisch weiter gefassten Italien-Reihe, galt im Filmmuseum  Io la conoscevo bene / Ich habe sie gut gekannt von 1965, die Geschichte einer jungen, Starstatus anstrebenden Frau aus der Provinz, die in Roms Partyszene sukzessive unter die Räder gerät,  als ganz große Wiederentdeckung - nunmehr in frisch restaurierter Fassung am Mi 27.1. 20:45.

Dessen Regisseur, Antonio Pietrangeli (1919-1968), kann als der bildungsbürgerliche und auch melancholische Ästhet unter den Commedia-Regisseuren eingestuft werden. Nach der noch eher schlank-sanften romantischen Komödie La visita / Der Besuch  (1963, Sa 23.1. 18:30, mit Sandra Milo - watch?v=fR0xvZv9Azg) wurde er schnell zum Garanten für elaborierte Sets. Und dies auf außergewöhliche Weise in der Übertragung eines flämischen Boulevardstücks, Il magnifico cornuto / Der große Hahnrei  (1964, Fr 29.1. 18:30). Darin weidet sich Ugo Tognazzi als selbst nicht eben treuer Ehegatte an der Fantasie, seine junge Gemahlin (Claudia Cardinale) müsse ihn auch betrügen - das wirft inmitten erlesener Antiquitäten surreale Szenen ab, an denen sich auch das Web nicht ungern weidet: CC, von Männern umschmachtet im Hochhausaufzug (watch?v=l1w6hrhwWJA, eher lange) oder im Abendsalon (watch?v=yHib2mzQlFA).

Zurück zu Io la conoscevo bene - und seiner großen Webpräsenz: Eine mit Piccionis nervösem Beat unterlegte, beflissene Online-Diashow informiert über die Züge der Handlung (watch?v=Fx6jVnERjTs), famos sind die Unterweisungen einer pompösen Schauspiellehrerin (watch?v=Q5DhppK4W6I), bitter-naturalistisch die Ausführungen einer Bekannten (Karin Dor watch?v=eoZpvwVCNGg), überraschend die Rolle von Joachim Fuchsberger als dekadenter Schriftsteller mit Dachterrasse (watch?v=vs92bBnskCk). Und eine eigene Sixties-Subkultur ergibt die zirkusartige Tanzmusik, die gleichsam zynisch nach dem traurigen Filmende den Abspann untermalt. Deren O-Ton allein ist schon ein Ohrwurm (watch?v=iSrZZ0x86Ho);  wie sehr dies ein hochmodischer Partytanz der braven Mitt-60er-Bürger wurde, vermitteln mit ihren eigenen Qualitäten die Kessler-Zwillinge (watch?v=QUqmEqmQRo0) - und dabei war, wie ein Akkordeonist nachdrücklich klarstellt (watch?v=ZxuSjWaRooE), der "LetKiss" eine finnische Erfindung! 

Fotos: Filmmuseum

Nur in kleinen Teilen satirisch war das Werk von Luigi Comencini (1916-2007): A cavallo della tigre / Der Ritt auf dem Tiger von 1961 (mit Nino Manfredi, Gian Maria Volonté und Mario Adorf; Mo 18.01. 20:30 und Sa 30.1. 16:30) neigt im Grunde eher dem bitteren Gefängnis-Ausbrecher-Drama zu (watch?v=E4pL3CmitOc bzw. watch?v=tSjhsqB3kYI); und Tutti a casa / Der Weg zurück  (1960,  Mi 27.1. 18:30, So 7.2. 16:00) lässt einfach nur die haarsträubende Absurdität der letzten italienischen Weltkriegsmonate Revue passieren - und kann dabei nicht umhin, unfreiwillig komische Szenen zu beinhalten, wie etwa watch?v=E0HQ1Ul61hQ

Aber es gibt einen Comencini-Film, dem als gallig-satirische Farce eine unbedingte Empfehlung zufällt, Lo scopone scientifico / Teuflisches Spiel von (1972): Hollywood-Star Bette Davis in einer ihren letzten Rollen (und mit Joseph Cotten als Adlatus) gibt eine bitterböse reiche alte US-Amerikanerin, die nach Italien kommt, um um viel Geld Karten zu spielen, mit einem armen einheimischen Ehepaar (Alberto Sordi und Silvana Mangano -!). Großes Melodrama mit unverhohlener politischer Unterströmung, online überliefert als französisch untertitelter Trailer (watch?v=pv9MrnQ_jus) und mit einer Einführungsszene (watch?v=_ocyNZzqISs). War lang nicht mehr zu sehen (So 31.1. 18:30).

Und wenn Sie sich gefragt haben, was es mit dem oben abgebildeten Herrn auf sich hat: Es ist  Alberto Sordi als "Guglielmo il dentone" (watch?v=V2XfNcm_yxw, jawoll, mit den Kessler-Zwillingen), eine semi-legendäre Sketch-Figur über einen, der sich von nichts, nicht einmal seine groteske Zahnreihe, davon abhalten lässt, davon überzeugt zu sein, DER glamouröse Hauptabend-Nachrichtensprecher zu werden  - und das ergibt eine Episode des sprechend betitelten Omnibus-Films I complessi  / Die Komplexe  (1965, Fr 22.1.2 18:30). Rüde Satire auch hier - die Commedia all'italiana war regieseitig halt noch ein archetypischer wiewohl smarter Jungs-Club; Lina Wertmüller etwa (Regiedebüt 1965) sollte erst in den 70ern ihren Durchbruch schaffen, als Zeitgenossin von und Gegengewicht zu den Hill/Spencer/Celentano-Albereien.

Fotos: Filmmuseum

Einige Regisseure sind nur mit einem Film in der Retrospektive vertreten, Ettore Scola etwa, im Prinzip schon ein Vertreter der eben erwähnten jüngeren Generation (*1931), mit einer Rückschau auf die Wirtschaftswunder-Oppositionellen mit Vittorio Gassman und Stefania Sandrelli in den Hauptrollen, C'eravamo tanto amati  / Wir haben uns so geliebt  (1974,  Sa 30.1. 18:30, Mo 8.2. 20:30 - Trailer: watch?v=ppCItkAcxjc). Oder der spätere "Das große Fressen"-Provokateur Marco Ferreri (*1928)  mit Una storia moderna: L’ape regina  / Die Bienenkönigin von 1963 (Sa 16.1. 18:30). Ähnlich Franco Brusati (1922-1993), der 1974 mit Pane e cioccolata / Brot und Schokolade (So 10.1. 20:30) und einem Nino Manfredi in Hochform das Genre ins schweizerische Tessin exportierte - watch?v=C8hqP0ujRdI.

Umgekehrt war Vittorio De Sica (1901-1974) schon ein altehrwürdiger Neorealismo-Veteran und weitgereister Darsteller, als er 1963 zu einer veritablen Commedia all'italiana rund um einen vielfältig schlingernden Geschäftsmann (Alberto Sordi, im Bild, voll beschäftigt; und auch auf ihn wartet eine maliziöse alte Dame) ausholte: Für Il boom / Der Boom (Sa 9.1. 18:30) spricht allein schon der ungebremst vulgär-neureiche Kinotrailer - watch?v=P_rC-NWhFt4.

Eine Politparabel mit Odyssee-Charakter und Morricone-Musik präsentierte 1961 Luciano Salce (1922-1989) mit Il federale / Der Faschist (Do 14.1. 20:45) über die Reise eines armseligen Parteikarrieristen und eines gefangenen Intellektuellen - für wie kontroversiell die derbe Behandlung des Stoffes gehalten wurde und wird, belegt die Überfülle der ins Netz gestellten Ausschnitte: watch?v=oV_Sz1uNyw8  u.s.w.  

Und auch Mauro Bolognini (1922-2001), der gediegene Literaturverfilmungs-Spezialist, hatte ein Commedia-Frühwerk: In Arrangiatevi! / Pech gehabt! (1959, Mo 11.1. 18:30) bezieht ein Familie eine prachtvolle und doch erstaunlich billige römische Altbauwohnung ... die sich allerdings als ehemaliges Bordell herausstellt (watch?v=T27QB7KEv7w),  mit all den Konsequenzen inmitten einer spießerlichen Umgebung - auf die Kleinpatriarch Totò final nur mit einer knapp-furiosen Brandrede (watch?v=4bhM8sM6t-0) antworten konnte.

Und dann gibt es noch den Ausnahmefall eines vielbeachteten US-Neustarts: Vermutlich befeuert durch die schwarzhumorige TV-Serie "The Sopranos", wurde Alberto Lattuadas Mafioso von 1962 (Mo 11.1. 20:45, So 24.1. 18:30) zu einem Publikumsliebling beim New York Film Festival 2006, nicht zuletzt des galligen Schlusses wegen. Alberto Sordi als Sizilianer glaubt, es im Norden rundum geschafft zu haben (Trophäenfamilie inklusive), bis ihn beim Heimaturlaub allzu viel wieder einholt. Flott instruktiv ist dazu der US-Werbetrailer - watch?v=9SK_CyQazRk

Fotos: Filmmuseum

Ein paar Großwerke von Dino Risi zum Abrunden: Schon ganz im Tonfall der Polit- und Ökothriller der 70er Jahre gehalten ist In nome del popolo italiano / Im Namen des italienischen Volkes (1971, Do 28.1. 20:00, Mo 8.2. 18:30). Nach einem Mordfall an einer jungen Frau liefert sich ein Untersuchungsrichter (Tognazzi) ein Psychoduell mit einem skrupellos korrupten Industriellen und Umweltsünder (Gassman) - und der bedächtige Auftakt (watch?v=-UOl_Nb9XBQ) lässt das fatalistische Ende schon erahnen.

Früher schon spielten Tognazzi und Gassman unter Risis Regie - etwa in einem klugen, nuancierten Volksstück über die Legende, die faschistische Bewegung wäre in ihren Anfängen eine idealistische gewesen. In La marcia su Roma / Marsch auf Rom (1962, So 10.1. 18:30, Mo 25.1. 18:30) wird die Stimmung der frühen 20er Jahre ausgeleuchtet und ein Weg von Arbeitslosigkeit über Anhängerschaft zu Skepsis verfolgt. Große Behauptungen und Posen ... und dann doch kleingeistige Aktion - watch?v=WtcNhAN2Cj0

Pompöse Behauptung, auf Sand gebautes Aufsteigertum und reales Versagertum kennzeichnet auch Il vedovo / Der Witwer (Mi 20.1. 18:30): Alberto Sordi gibt 1959 einen unfähigen Aufzugsfabrikanten mit reicher Gemahlin (Franca Valeri), den eine Unglücksnachricht beflügelt - was freilich nur eine Zwischenepisode einer tiefschwarzen Groteske darstellt - einen Soundbastler inspirierte der Film zu einem Remix ... watch?v=qDOInlxqkIo

Und als frisch restauriertes Juwel präsentiert sich (am Sa 9.1. 20:30 und Do 21.1. 20:00) Risis Multiepisodenfilm I mostri / Die Monster, der 1963 eine üppige Galerie von gesellschaftlichen Knallköpfen jeglicher Art versammelt. Nur als Beispiele Gassman als doppelzüngiger Choleriker im Straßenverkehr (watch?v=LeIl2na7H1Q) oder aber - auch als Kino-Urlaub vom Schnee tauglich - eine Strandszenerie mit zahlreichen "Latin Lover"-Verkörperern: watch?v=fW2el_rAy_s

Ticket-Bestellmöglichkeit und weitere Programmdetails unter www.FILMMUSEUM.at

P.S.: Extra-Hinweis auf die Spezialisten-Vorträge zum Thema:
- Giovanni Spagnoletti (Rom/Pesaro): Die Commedia all'italiana zwischen Integration und Subversion (Mi 13.1.)
- Adriano Aprà (Rom): Cynical Laughter. Italian Comedy as an Open Genre - and the Role of Dino Risi (Do 21.1.)
- Gerhard Midding (Berlin): Die Noblesse der Karikatur. Die Commedia all'italiana und ihre Darsteller (Do 28.1.)
Beginn jeweils 18:30 Uhr - im Österreichischen Filmmuseum, bei freiem Eintritt.

Fotos: Filmmuseum