Teheran - Die Justiz im Iran hat eine Verschärfung der Zensur im Internet verfügt und dazu eine lange Liste mit strafbaren "Vergehen" veröffentlicht. Wie iranische Zeitungen am Donnerstag berichteten, sind laut der von einem "Expertenaussschuss" zusammengestellten Liste nunmehr alle Websites verboten, deren Inhalte gegen die "soziale Moral", "religiöse Werte" oder "die Sicherheit und den sozialen Frieden" verstoßen oder die "regierungsfeindlich" sind.

Unter das Verbot fallen auch Internetseiten, die den Gründer der Islamischen Republik Iran, Ayatollah Khomeini, oder den obersten Geistlichen Führer, Ayatollah Ali Khamenei, beleidigen. Verboten sind ferner Inhalte, die gegen die Verfassung verstoßen oder für "feindliche politische Gruppen" werben. Außerdem macht sich strafbar, wer Computersoftware verkauft, mit der sich die von den Zensurbehörden installierten Sperren bei bestimmten Internetseiten überwinden lassen.

Die iranischen Behörden versuchen seit Jahren, den Zugang zum Internet streng zu regulieren. Neben Websites mit sexuellen oder pornografischen Inhalten werden auch regelmäßig solche mit Stellungnahmen der politischen Opposition geschlossen. Bei den Protesten der Opposition spielt das Internet eine wichtige Rolle. Trotz der Zensur gelingt es den Demonstranten, sich über Netzwerke auszutauschen sowie Bilder, Informationen und Videos über die Proteste weltweit zu verbreiten.

Generalstaatsanwalt bezeichnet Demonstranten als "Feinde Gottes"

Fünf Oppositionelle sollen wegen ihrer Beteiligung an den regierungskritischen Protesten Ende Dezember vor Gericht gestellt werden. Die Akten der fünf Beschuldigten seien dem Revolutionsgericht in Teheran übergeben worden, sagte Generalstaatsanwalt Abbas Jafari Dolatabadi nach Angaben der Nachrichtenagentur Isna vom Donnerstag. Der Prozess gegen sie werde "bald beginnen". Nähere Angaben zur Art der Vorwürfe und zum genauen Prozessbeginn machte er nicht.

Dolatabadi hatte Anfang Jänner die an den Protesten am 27. Dezember Beteiligten als "Feinde Gottes" bezeichnet und Konsequenzen der Justiz angekündigt. Ihnen drohen hohe Strafen, bis hin zur Todesstrafe. Das von konservativen Abgeordneten dominierte Parlament (Majlis) hatte nach den blutigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Regierungsanhängern während des schiitischen Ashura-Festes die "Höchststrafe für Demonstranten" gefordert. Bei den Protesten waren nach amtlichen Angaben mindestens acht Menschen getötet worden. Hunderte wurden festgenommen. (APA/AFP)