Das Klavier auf der Bühne des Audimax der Uni Wien ist die einzige sichtbare Hinterlassenschaft der Besetzerinnen und Besetzer. Frisch geputzt und aufgeräumt ging der Uni-Betrieb wieder los. 

Cremers Photoblog: Das Klavier ist noch da

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Aufgrund der Fenstertage war die Lehrveranstaltung jedoch nur spärlich besucht.

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Wien - "Schau, wie's da ausschaut!" - aber nur noch auf der Wand eines Durchgangs im Außenbereich der Uni Wien, die zwei Handwerker Donnerstagfrüh begutachten. Innen im ehrwürdigen Gemäuer der Alma Mater Rudolphina ist alles picobello. Es riecht nach Putzmitteln und frischer Farbe. Die Spuren der 60-tägigen Besetzung des Auditorium maximum wurden während der Weihnachtssperre beseitigt. Das Audimax ist wieder, was es sein soll: der größte Hörsaal des Landes.

Das Einzige, das noch an die "Audimaxisten" erinnert, ist das verwaiste Klavier auf der Bühne. Diese gehört an diesem Donnerstag von 10 bis 12 Uhr der Theaterwissenschafterin Hilde Haider. Das aktuelle Stück heißt: "Theater der griechischen Antike".

"Bleiben Sie dran!"

Passend zum Thema startet der große Monolog so: "Wir haben unsere Odyssee glücklich beendet, sind ins heimische Audimax zurückgekehrt, nachdem wir in den Hades des Austria Centers hinabgestiegen sind, jetzt sind wir wieder da", sagt Professorin Haider, die "gern zugibt", darüber "froh" zu sein, aber: "Nichts soll sein, wie es war, das Anliegen der Proteste ist ein ganz wichtiges und legitimes." Nicht nur die Dotierung der Unis sei zu thematisieren, die akademischen Ausbildungsmöglichkeiten an sich seien zu befragen: "Wie geht es mit akademischen Studien weiter? Vergessen Sie das nicht, bleiben Sie dran!"

Sicherheitshalber dran blieb auch die Polizei. Von drei Kleinbussen aus wurde - den Minusgraden zum Trotz bei laufendem Motor - die Uni observiert.

Passiert ist nichts - auch nicht bei der "Eröffnungsvorlesung" , die just vom Juristen Wilhelm Brauneder gehalten wurde, den die Audimax-Besetzer wegen seiner Vergangenheit als Dritter Nationalratspräsident für die FPÖ am liebsten aus dem Allerheiligsten ihres Protests verbannen wollten. Brauneder nutzte seine Rechtsgeschichte-Vorlesung zur Kritik an der Uni. Wenn diese wirklich 1,5 Millionen Euro ausgeben habe müssen, dann sei es "schade um das Geld", weil man damit Wichtigeres, etwa fehlende Dienstposten, finanzieren hätte können.

Auch im Ausweichquartier der Besetzer, am AKH-Campus, geht fast so etwas wie studentischer Alltag los - leichte Skepsis inklusive: "Wehe, es stinkt oder ist dreckig", fürchten zwei Studentinnen. Zu Unrecht. In der "Volxsküche" im Untergeschoß stehen nur eingeweichte Bohnen, und Toastbrot, Müsli, Milch und Butter trüben keine feine Nase. Ein paar Studenten spielen Schach, eine Handvoll Obdachlose, die mitgewandert sind, trinken Tee.

Nicht alltäglich ist die Präsenz von Security-Männern, die neben den versperrten Türen zum C1, dem zweitgrößten Hörsaal der Uni Wien, postiert sind. Die Besetzer haben mit dem Rektorat eine Übereinkunft getroffen, dass sie den C1 für Lehrveranstaltungen freigeben und im Gegenzug im Foyer und in der Aula präsent sein sowie den C1 außerhalb der Vorlesungszeit nutzen dürfen.

Eine Lehramtsstudentin, die auf den Beginn von "Literatures in English" um 10.15 Uhr wartet, fühlt sich "schon sehr gestört" durch die Hörsaalbesetzungen, da sie diese beim Studium blockierten. Auch Anglistik-Student Babak ist "teilweise nicht einverstanden" mit dem, was die Besetzer tun: "Ich weiß nicht, wie viele Schafe es unter den Protestierenden gibt", kritisiert er mitunter unreflektierte Mitläufer, wie er sagt.

"Mein Bildungssemester"

Jus-Student Alexander ist kein Mitläufer, sondern bewusst "Bewegter", also Teil "der Bewegung", wie sich die Aktivisten nun nach dem Anstoßen der Bildungsdebatte nennen. Für ihn ist das "mein alternatives Bildungssemester", in dem er vieles lernen könne - vor vielen Leuten zu reden, Pressearbeit, Rechtshilfe oder im Erste-Hilfe-Team einer obdachlosen Frau nach einem epileptischen Anfall zu helfen.

"Die Bewegung" hat zwar nicht vor, wie Odysseus zehn Jahre lang für die Sache zu kämpfen, aber sie hat doch Ziele, für die sie durchaus noch länger kämpfen will. (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, Printausgabe, 8.1.2010)