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Finanzminister Naoto Kan erhofft sich mehr Markt für japanische Produkte im Ausland.

Foto: Reuters/Kato

Japans neuer Finanzminister Naoto Kan hat am Donnerstag an seinem ersten Arbeitstag bewiesen, dass er starke Worte mag. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger, dem 77-jährigen Hirohisa Fujii, der diese Woche aus gesundheitlichen Gründen nach vier Monaten Amtszeit den Rücktritt erklärt hatte, befürwortete er unerwartet deutlich einen schwachen Yen.

Ungewöhnlich für einen Finanzminister nannte er nicht nur ein konkretes Wohlfühlniveau für den Dollarkurs, er zeigte sich zudem bereit, nachzuhelfen. Er hoffe, dass der Yen seinen Abwärtstrend noch ein bisschen fortsetze, sagte Kan. Als angemessen gelte in Japans Wirtschaft ein US-Dollar-Kurs von rund 95 Yen, so Kan. "Unter Berücksichtigung der Folgen von Wechselkursen auf Japans Wirtschaft werden wir inklusive einer Kooperation mit der Bank von Japan Anstrengungen unternehmen, den Yen auf ein angemessenes Niveau zu bringen."

Erster Punktesieg

Das Husarenstück verschaffte ihm einen ersten Punktesieg. Schlagartig stieg der Dollar auf etwa 93 Yen. Denn viele Marktteilnehmer interpretierten in die Äußerungen, dass Japans Finanzministerium unter dem neuen Chef eher durch Interventionen den Dollar stützen würde, um der unter dem schwachen Dollar leidenden Exportindustrie zu helfen.

Viele Wechselkursstrategen glauben, dass der veränderte Tonfall keine veränderte Wechselkurspolitik bedeutet. Vielmehr wolle Kan beweisen, dass er den haushaltspolitischen Fuchs Fujii zu ersetzen vermag. Denn Fujiis Verlust galt politischen Kommentatoren als schwerer Schlag für Ministerpräsident Yukio Hatoyama, dessen Popularität im Dezember durch die Verwicklung in einen Parteispendenskandal rapide gesunken ist.

Mit der Berufung des 63-jährigen Kan zum neuen Schatzmeister ist Hatoyama nun auf Nummer sicher gegangen. Kan wird am ehesten zugetraut, Japans Staatsverschuldung von rund 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht gänzlich aus dem Ruder laufen zu lassen.

Bekannt als Krisenmanager

Kan ist haushaltspolitisch zwar nicht so beschlagen wie sein Vorgänger. Aber er war als Strategieminister immerhin federführend an allen Fragen der Finanzpolitik beteiligt. Zudem hat er sich 1996 als Gesundheitsminister als talentierter Krisenmanager bewiesen.

Im Finanzministerium knüpfte er nahtlos an seinen Ruf des Aufräumers an. Er wolle die undurchsichtigen Strukturen des Finanzministeriums transparenter machen, gelobte er. "Wenn es eine versteckte Schatzkiste gibt, will ich sie finden" , sagte Kan.

Eine seiner ersten Herausforderung wird die Sanierung der vom Absturz bedrohten Fluglinie Japan Airlines. Die Beteiligten streiten sich, ob die Restrukturierung mit oder ohne Konkursverfahren durchgeführt werden soll. Das Finanzministerium wie die zuständige Firmensanierungsgesellschaft bevorzugen einen Konkurs. Jal, Gläubigerbanken und Transportministerium hingegen wollen das Unternehmen lieber ohne Konkurs sanieren.

Nach jüngsten Informationen will die Etic JALs auf 1440 Mrd. Yen (10,7 Mrd. Euro) aufgehäufte Schuldenlast durch Schuldverzicht und Senkung der Betriebsrenten um rund 50 Prozent halbieren. Im ersten Jahr würde die Sanierung die Bilanz mit 1130 Mrd. Yen (8,5 Mrd. Euro) belasten. (Martin Kölling aus Tokio, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 8.1.2010)