Topverdient, Topverdienerin: Johanna Rachinger ist eine der wichtigsten KulturmanagerInnen Österreichs.

Foto: Christian Fischer

Wien - "Ich freue mich darauf, zu zeigen, was Frau kann", hatte Johanna Rachinger im Februar 2001 bei ihrer Designierung als Generaldirektorin der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB) Optimismus versprüht. Seit Mitte 2001 ist die Oberösterreicherin Chefin der wichtigsten Bibliothek Österreichs und der ihr angeschlossenen musealen Sammlungen und hat seither mit großem Erfolg unter Beweis gestellt, was sie kann. Wenige KulturmanagerInnen sind hierzulande so unumstritten wie sie. Am Samstag, 9. Jänner feierte Johanna Rachinger ihren 50. Geburtstag.

"Große Affinität zum Buch"

Geboren am 9. Jänner 1960 in Putzleinsdorf im Mühlviertel, besuchte Rachinger die Handelsakademie in Rohrbach und studierte Theaterwissenschaft und Germanistik an der Universität Wien, wo sie 1986 über "Das Wiener Volkstheater in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung des Dramatikers Ludwig Anzengruber" dissertierte. "Es war von Anfang an eine große Affinität zum Buch da", sagte Rachinger einmal über sich.

Karrierestationen

Ihre Verlagslaufbahn begann sie 1987 als Lektorin im kleinen Wiener Frauenverlag. 1988 bis 1992 war sie Leiterin der Buchberatungsstelle beim Österreichischen Bibliothekswerk, ab 1992 Programmleiterin für den Bereich Jugendbuch beim Verlag Carl Ueberreuter. 1995 bis 2001 war sie Geschäftsführerin des Verlags und bekannte bei ihrem Wechsel in die ÖNB, dort nicht ohne Wehmut zu scheiden: "Ich habe mich in dem Verlag sehr wohl gefühlt." Auch ihre Tätigkeit als Uni-Lehrbeauftragte zum Thema "Buchhandlungen, Verlage, Bibliotheken" sowie als Leiterin von Ausbildungskursen für Bibliothekare "hat mir sehr viel Spaß gemacht".

Vergangenheitsbewältigung

In der ÖNB setzte sie die Ausgliederung als vollrechtsfähige wissenschaftliche Anstalt ab 1. Jänner 2002 um, machte die Bibliothek zügig zu einer modernen, user-orientierten Service-Einrichtung, bei der sie moderne Technik und Digitalisierung in den Vordergrund rückte. Mit vorbildlicher Provenienzforschung und umfangreichen Restitutionen stellte sich die ÖNB unter Rachinger auch ihrer Vergangenheit. Auch bei ihrer Festrede anlässlich des 90-Jahre-Republik-Jubiläums 2008 sprach sie klare Worte, was Vergangenheitsbewältigung und Verharmlosung von NS-Verbrechen betrifft.

Hochbezahlt

Die Entwicklung von BesucherInnen- und Budgetzahlen verlief durchaus zufriedenstellend. 2008 wurden 263.000 BenutzerInnen der Lesesäle und 207.000 Museums- und VeranstaltungsbesucherInnen registriert. Bei einer Basisabgeltung von 22,5 Mio. Euro konnte ein Jahresüberschuss von 0,5 Mio. Euro erzielt werden, wodurch die Deckungsvorsorge für Finanzierung künftiger Projekte 6,9 Mio. Euro beträgt. Rachinger selbst, die mit Fritz Panzer, ihrem Nachfolger als Geschäftsführer des Ueberreuter Verlags, verheiratet ist, verdiente 2008 laut Rechnungshof 209.400 Euro.

Mit der Generalsanierung der Hauptlesesäle und des Bildarchivs, der Errichtung einer Leselounge, dem Einzug der Musiksammlung, des Globenmuseums und des Esperantomuseum in das Palais Mollard in der Herrengasse, der in wenigen Tagen erfolgenden Wiedereröffnung von Kartensammlung und Augustinerlesesaal nach einer Generalsanierung wurde die Sanierung und räumliche Neuordnung vorangetrieben, die Errichtung eines Literaturmuseums in den Räumlichkeiten des ehemaligen Hofkammerarchivs ist geplant.

Platzprobleme

Das wesentlichste Zukunftsproblem ist dagegen ungelöst: Trotz immer dringlicher werdender Urgenzen ist die notwendige Errichtung eines neuen Bücherspeichers unter dem Heldenplatz, für den 30 Millionen Euro Bau- und 19 Millionen Einrichtungskosten kalkuliert sind, weiterhin nicht beschlossen. Rachingers Argument ist dabei seit Jahren unverändert: "Wir sind per Gesetz verpflichtet, die Bücher zu sammeln und wir wissen bald einfach nicht mehr, wo wir sie hingeben sollen." (APA)