Wien - Für den deutschen Bankfachmann Wolfgang Gerke ist die BayernLB beim seinerzeitigen Erwerb der Kärntner Hypo-Bank "arglistisch getäuscht" worden. In einem "Kurier"-Interview (Donnerstag) bezeichnet er den Deal als "Größenwahn" im Management der bayerischen Landesbank. Der Käufer habe "sich über den Tisch ziehen lassen", der Kaufpreis habe "vorne und hinten nicht gestimmt", meinte der Präsident des Bayerischen Finanz Zentrums in München.

Um wie viel die Bayern zu viel gezahlt haben, lasse sich nicht so einfach sagen, man müsse sich aber die Differenz zwischen dem Jahr 2006, als Tilo Berlin mit Investoren eingestiegen ist, und der Veräußerung an die Bayern 2007 anschauen. Es gebe "die Möglichkeit, Schadensansprüche geltend zu machen, wenn arglistische Täuschung nachgewiesen werden kann", erklärte der Honorarprofessor der European Business School EBS zu der Zeitung. Vorstellen könne er sich einen Streitwert von 150 Mio. Euro, so Gerke.

Bereits am Dienstag hatte Gerke in einem Radio-Interview mit dem Ö1-"Abendjournal" des ORF-Radio gemeint, aus seiner Sicht seien im Zusammenhang mit dem Hypo-Deal "Fälle von arglistischer Täuschung" zu prüfen und auch "Fälle von Betrug" - es gilt für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung. Es müsse unbedingt aufgeklärt werden, so Gerke, welche Gelder wohin geflossen sind und wer profitiert habe bzw. ob Insiderwissen einseitig genutzt worden sei - "womöglich mit Absegnung durch das Management der Bayerischen Landesbank".

"Suspekt" findet Gerke, dass man Ende 2006 plötzlich Geld eingesammelt habe, um sich in der Hypo Alpe Adria einzukaufen, dass man dann drei Tranchen gebraucht habe und bei der dritten Tranche plötzlich alle begeistert aufgesprungen seien und man dann auch noch die Finanzierung von demjenigen bekommen habe, mit dem man hinterher am Tisch über den Preis verhandeln musste, nämlich von der BayernLB. "Warum ausgerechnet bei der Bank, mit der es auf Vorstandsebene persönliche Beziehungen gab zwischen Tilo Berlin und (Ex-BayernLB-Chef Werner) Schmidt? Da muss man schon sagen, das - ja - stinkt, würde man in der Umgangssprache sagen", so Gerke im Radio.

Anhaltspunkte für Ungereimtheiten

Laut "Presse"-Informationen (Donnerstag-Ausgabe) entdeckten die Bayern bei der Aufarbeitung des Hypo-Skandals schon Anhaltspunkte für Ungereimtheiten. Der Kärntner Privatdetektiv Dietmar Guggenbichler hat der Staatsanwaltschaft in München ein Dossier übergeben. Der Detektiv behauptet, im Auftrag von Ex-Landeshauptmann Jörg Haider vor der Übernahme die Geschäfte der Hypo in Osteuropa geprüft zu haben. Er soll herausgefunden haben, dass schon damals viele Ost-Kredite verloren waren.

Die "Oberösterreichischen Nachrichten" hatten am Dienstag voriger Woche berichtet, der frühere Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider und das Kärntner BZÖ hätten die Hypo auch für den Privatdetektiv Guggenbichler zahlen lassen. Die FPÖ hatte den Detektiv beauftragt, das Umfeld Jörg Haiders zu bespitzeln, nachdem sich das BZÖ von den Blauen abgespalten hatte, so die Zeitung. Um die Bespitzelung Haiders zu stoppen, sei die Hypo zur Kasse gebeten worden - Guggenbichler sei nämlich den blauen Auftraggebern abtrünnig geworden und zu Haider marschiert. Diesem habe er vom FP-Auftrag erzählt - und von finanziellen Problemen. Haider, damals Landeshauptmann, habe sich mit Hypo-Chef Wolfgang Kulterer verbinden lassen, und wenig später habe der Detektiv 160.000 Euro als Hypo-Kredit in Händen gehabt. Als aus der Abzahlung durch einen BZÖ-Job nichts wurde, musste, so die "OÖN", wieder die Hypo herhalten: Von der Bank habe Guggenbichler laufend Aufträge bekommen, die Honorare in sechsstelliger Höhe seien aber nicht in die Kredittilgung geflossen, da sich Guggenbichler auf Haiders Job-Versprechen berufen habe und das Darlehen nicht zurückzahlte. Erst Monate nach Haiders Tod habe die Hypo im Sommer 2009 Konkursantrag gegen den prominenten Detektiv gestellt. (APA)