Simon Pasiekas "Aurora": ein Garten Eden nach dem Weltuntergang

Foto: Museum Frieder Burda

Innsbruck - Wüstenexpeditionen fanden auf dem Sandhügel der Baustelle gleich um die Ecke statt, wackelige Baumhäuser und Staumdämme wurden aus dem gebaut, was andere nicht mehr brauchen konnten oder achtlos weggeworfen hatten, und glatte, runde Steine wurden ebenso wie Vogelfedern und bunte Glasmurmeln als Schätze gehütet. Kindheit.

Aber die Helden in Simon Pasiekas Bildern sind überwiegend keine Kinder mehr, sondern Jugendliche, die diesen fantasievollen Spielen meist schon entwachsen sind. Bereits mit dieser ersten Irritation seiner fast altmeisterlich gemalten, realistischen Arbeiten vermag Pasieka die Aufmerksamkeit der Besucher zu gewinnen. Green Horn heißt seine kleine Personale im Innsbrucker Taxispalais, die Gemälde und großformatige Tuschpinselzeichnungen des in Paris lebenden deutschen Künstlers zeigt.

Andächtig wandeln sie mit ihren rot glimmenden Laternen aus Plastikkanistern durch das Gehölz, eine geheimnisvolle nächtliche Prozession, deren Sinn sich nicht erschließt. Sie rasten unter Plastikplänen am Wasser, ausgebaute Autositze dienen als Sessel, Reste einer Sonnenliege als Schaukel im Blätterdach, ein verbogenes Wellblech als Plattform. Ein Iglu aus Kühlschränken und Computermonitoren dient als Schutzhütte, ein musikalisches Idyll auf kargen Felsen verzaubert mit improvisierten Instrumenten aus Seilen und allerlei Fundstücken sowie einem mit zarten Fingern angeschlagenen Schattenklavier.

Die Unwirklichkeit der Szenen zeigt sich auch in den Farben,die zum Teil grelle Akzente in dieser sanften Harmonie und wortlosen Stille der Bilder setzt. Ja, es ist eine paradiesische Welt, die Pasieka zeichnet. Ein Eden, das zugleich eine postapokalyptische Welt ist. Das ist nur logisch, die Erde müsste komplett untergehen, damit Pasiekas schöne Utopien Wirklichkeit werden können.

Als "verschwenderische Ökonomien" beschreibt der 43-Jährige Künstler eines seiner Szenarien: eine Gesellschaft, in der das "Horten und Ansammeln von Dingen keine Rolle mehr spielt, sondern man sich ein Vorbild an der Natur nimmt" , die sich verschwenderisch den Jahreszeiten hingibt. "Reich ist der Augenblick, der im Moment im Bild zu sehen ist."

Pasieka deutet auf die jüngeren Buben in der Ödnis aus toten Bäumen und verdörrtem Gras. Mit bunt glänzenden Rettungsdecken über ihren nackten Körpern ziehen sie geradezu majestätisch ihre Runden. Das Schimmern und Glitzern einfachster Materialien begeistert sie. Ihre Freude und selbstvergessene Würde verleiht der billig produzierten Massenware den unbezahlbaren Wert von Zauberumhängen.

Eine archaische, aber sinnlich-genussvolle Gesellschaft der Zukunft entwirft Pasieka in Bildern, die Vorschlag für eine "andere Welt" , zugleich auch kritischer Kommentar der aktuellen Situation sind. (Anne Katrin Feßler / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8.1.2010)