Die deutschen Grünen wollen den Tausch von Musikdateien im Internet teilweise legalisieren. "Ich halte eine Form von Bagatellgrenze für sinnvoll", sagte der Grünen-Politiker und Hamburger Justizsenator, Till Steffen, am Donnerstag zur Übernahme des Vorsitzes in der Konferenz der Justizminister von Bund und Ländern. Eine professionelle und kommerzielle Nutzung solle aber weiterhin strafbar bleiben.

Der Grünen-Parteivorstand habe bereits im vergangenen Jahr die Einführung einer Kultur-Flatrate angeregt, sagte Steffen. Denkbar wäre demnach, ähnlich wie bei den Gema-Gebühren eine Abgabe auf den Kauf von internetfähigen Geräten zu erheben. Eine strafrechtliche Verfolgung jedes illegalen Downloads sei ohnehin nicht möglich, ergänzte der Justizsenator.

"Ich halte nichts davon, mit der Staatsanwaltschaft in die Kinderzimmer einzumarschieren"

Zudem sei schon früher der Austausch von Musik legal gewesen, indem bei dem Verkauf von Leerkassetten eine Abgabe erhoben worden sei. "Ich halte nichts davon, mit der Staatsanwaltschaft in die Kinderzimmer einzumarschieren", bekräftigte Steffen. Sich gegenseitig mit Musik zu versorgen, sei ein "ganz normaler kultureller Vorgang".

Die Musikbranche wies die Forderungen in aller Schärfe zurück: "Eine Bagatellgrenze ist für uns indiskutabel", sagte der Sprecher des Bundesverbands Musikindustrie, Daniel Knöll, der Nachrichtenagentur DAPD. In der Diskussion stünde eine Straffreiheit für den illegalen Download von etwa 3.000 Dateien im Raum. "Das ist etwa so, als ob jemand mit 3.000 gestohlenen Singles aus einem Plattengeschäft gehen würde", erklärte Knöll.

Mit einer Kultur-Flatrate würden alle neuen Geschäftsmodelle für den legalen Erwerb von Musik aus dem Internet auf einen Schlag torpediert. "Zudem ist eine solche Pauschale unfair, weil die Verbraucher für etwas zahlen müssen, das sie möglicherweise gar nicht nutzen", sagte Knöll weiter.

Der Bundesverband Musikindustrie sieht bei den illegalen Downloads nach wie vor den Hauptgrund für den seit Jahren anhaltenden Umsatzrückgang. 2008 wurden demnach 316 Millionen Songs in Deutschland illegal aus dem Internet geladen, für 2009 liegen noch keine Zahlen vor. Allerdings zeige ein Konzept aus Aufklärung, Abschreckung und Abmahnung Erfolge: So sei die Zahl illegaler Downloads von über 600 Millionen im Jahr 2003 deutlich zurückgegangen.

Haftung

Unterdessen stellte das Oberlandesgericht Köln klar, dass der Inhaber eines Internetanschlusses für illegale Musikdownloads haftbar sein kann, auch wenn eigentlich seine Kinder oder der Ehepartner dafür verantwortlich sind. Das geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten Entscheidung hervor. Das Gericht verpflichtete eine Frau aus Oberbayern, 2.380 Euro Abmahnkosten plus Zinsen an vier führende deutsche Musikkonzerne zu zahlen.

Nach Angaben des Gerichts wurden im August 2005 vom Internetanschluss der Frau 964 Musiktitel als MP3-Dateien unerlaubt zum Download angeboten worden. Die Frau bestritt jedoch, dass sie selbst Musikstücke im Internet anbot. Neben ihr hätten noch ihr Mann sowie ihre damals 10 und 13 Jahre alten Jungen Zugang zu dem Computer gehabt.

Der für Urheberrechtsfragen speziell zuständige 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln verurteilte die Frau dennoch dazu, den Musikfirmen ihre Abmahnkosten zu ersetzen. Denn die Anschlussinhaberin sei letztlich als verantwortlich anzusehen und hafte für die Urheberrechtsverletzungen. Dabei ließ es der Senat offen, inwieweit der Inhaber eines Internetanschlusses überwachen muss, dass andere Personen keine Urheberrechtsverletzungen über seinen Anschluss begehen. (APA/APD)