Das religiöse Motiv wird von den Attentäterinnen verteidigt.

Foto: ZDF/Natalie Assouline

Wien - Auf Hebräisch und Arabisch heißt der Film nüchtern "Shahida" (Märtyrerin) - wie unterschiedlich konnotiert der Begriff in den beiden Sprachen ist, braucht man nicht zu erklären, und genau das ist ja das Thema des Films. Auf Englisch und Deutsch hingegen wird man wieder einmal mit der stumpfsinnigen Analogie zu den "Bräuten Christi" belästigt. Nun denn: "Allahs Bräute".

Was dem Wert des Films keinen Abbruch tut. Die Israelin Natalie Assouline filmt über einen längeren Zeitraum im israelischen Hochsicherheitsgefängnis Hasharon in Selbstmordattentate verwickelte Palästinenserinnen, die teilweise recht willig das Forum nutzen. Vorweg, "verstehen" wird man nachher nichts besser, und die meiste Zeit fühlt der normale Betrachter wohl nicht einmal so etwas wie Ambiguität: Man wendet sich mit Schaudern ab, zu hohl die Phrasen der völlig mitleidlosen Protagonistinnen, von keines kritischen Gedankens Blässe sind sie angekränkelt.

So erfährt man am Rande, was denn Märtyrerinnen eigentlich im Himmel erwartet - für die Männer sind es ja jede Menge Jungfrauen. Wie viele genau, weiß auch die interviewte Frau nicht, aber sie weiß, dass sie im Erfolgsfall die Herrin dieser Jungfrauen würde.

Und doch, wenn es im Gebälk des Konstrukts kracht, dann gewaltig. Das passiert immer ganz unvermutet und wird sofort wieder relativiert. Wafaa antwortet auf die Frage nach dem "Warum" , dass sie jetzt eigentlich gerne sagen würde: "Weil ich mich loswerden wollte." Aber nein, protestieren die anderen, und überhaupt scheint der Verdacht, die Frauen könnten aus anderen Gründen als ihrer Liebe zu Allah so agiert haben, der allerschlimmste zu sein.

"Keiner kann wissen, warum ich tat, was ich tat", heißt es gereizt, als die Aussage der singulären - schon weil kopftuchlosen - Ranya weitergesponnen wird, die behauptet, dass die Mädchen allesamt zu Hause Probleme haben, wie sie selbst auch. Sie wird gemobbt, weil sie sich im Gefängnis "keiner Organisation" anschließt.

Angesichts der Kinder - sie dürfen bis zum Alter von zwei Jahren bei der Mutter bleiben - blitzt der Hausverstand auch noch manchmal auf. Der Neugeborene von Samar (die als Schwangere Sprengsätze vorbereitet hat) wird mit Märtyrerwünschen für die Zukunft bedacht, bis eine Frau sagt: "Nein, du wirst ein Bräutigam und heiratest."

Das schließt natürlich nichts aus - Kahira, die einen Attentäter zum Anschlagsort chauffierte (und aus eigentlich unerfindlichen Gründen dann dort blieb), hat vier Kinder zu Hause, bei einer Strafe von dreimal lebenslang und dreißig Jahren. Jetzt kränkt sie sich, dass ihr Mann eine andere geheiratet hat. Sie pocht auf das Recht von Männern und Frauen, ihre Körper als Waffen im Krieg einzusetzen, wenn sie nichts anderes haben. Gut eingelernt, wie auch: "Der Islam lehrt, dass wir unsere Heimat verteidigen müssen." Und dann wäre der Islam nicht Grund, sondern Waffe. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 8.1.2010)