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Bürgermeister und Populist Milan Bandić.

Foto: AP/Darko Bandic

Standard: Sie sagen: "Die EU ist für Kroatien nicht das Ziel, sondern ein Mittel." Was ist denn das Ziel?

Bandić: Dass Kroatien seine Probleme löst, und das kann es eben nicht ohne die internationale Gemeinschaft. Wir müssen erst einmal zu Hause aufräumen. Europa braucht kein Kroatien auf niedrigem wirtschaftlichem Niveau, wo das Rechtswesen nicht funktioniert, wo die Verwaltung zu fett ist, wo jedes Kind mit 10.000 Euro Schulden auf die Welt kommt. Die EU ist keine Auszeichnung für Kroatien, noch weniger eine Strafe. Sie ist die Zukunft des Landes.

Standard: Was ändert sich in Kroatiens Außenpolitik, wenn Sie Präsident werden?

Bandić: Es wird ein neuer Stil herrschen. Ich werde weniger in exotische Länder reisen, stattdessen die offenen Fragen mit den Nachbarländer zu lösen versuchen.

Standard: Sie sagen, nach dem internationalen Schiedsspruch über den Grenzstreit mit Slowenien muss das kroatische Volk noch über das Ergebnis abstimmen ...

Bandić: Genau. Wie die Slowenen auch. Gleiche demokratische Standards!

Standard: Aber wozu denn ein Schiedsspruch, wenn er doch nur ein Vorschlag ist, den man annehmen kann oder nicht?

Bandić: Wenn der Schiedsspruch gerecht ist, woran ich nicht zweifle, dann ist eine Volksabstimmung nur eine Formsache.

Standard: Viele Kroaten in Bosnien wollen einen eigenen Teilstaat. Unterstützen Sie das?

Bandić: Ich bin selbst ein Kind Bosnien-Herzegowinas. Als Präsident Kroatiens muss ich mich nicht nur um die Interessen der Kroaten, sondern auch um die in ganz Bosnien-Herzegowina kümmern. Dieses Land löst seine Probleme als unabhängiger Staat mit drei konstituierenden Völkern. Wenn allerdings in einem der beiden Teilstaaten ein Volk ständig überstimmt wird, muss sich die internationale Gemeinschaft etwas einfallen lassen.

Standard: Sie kritisieren die "Parteienherrschaft" . Wie sähe denn Ihr gewünschtes Herrschaftsmodell aus?

Bandić: Ich kritisiere die verbrauchten Führungen. Ich war ja selbst 19 Jahre lang Sozialdemokrat und bin es der Überzeugung nach noch immer. Ich lebe christliche und sozialdemokratische Werte, trete ein für Gerechtigkeit und Solidarität, für die Benachteiligten, die Vergessenen. Aber wenn die Parteiführung nur noch ihren eigenen Zwecken dient, dann muss man eben seinen eigenen Weg gehen.

Standard: Haben Sie - als Sozialdemokrat - nicht etwas gegen die Unterstützung der extremen Rechten in diesem Wahlkampf?

Bandić: Sie haben mich nicht verstanden. Ich kandidiere nicht zum Parteichef, sondern zum Präsidenten der Republik Kroatien. Wissen Sie, worauf der kroatische Staat beruht? Ich will es Ihnen sagen: auf den Ideen von Ante Starcević und der Gebrüder Radić sowie auf dem kroatischen Antifaschismus. (Norbert Mappes-Niediek, DER STANDARD, Printausgabe 8.1.2010)