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Handfeste Wickel werden an den Schulen immer häufiger, und sie werden auch immer öfter mit Suspendierungen geahndet. Schulsozialarbeiter sollen beides verhindern helfen.

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Wien - Szenen wie diese ereignen sich nahezu täglich auf Wiens Straßen: Zwei Hauptschüler absolvieren eine Mutprobe, sie stehlen einem anderen Kind auf dem Weg zur Schule das Handy. Der Direktor wird darüber informiert und muss Anzeige erstatten - Straßenraub mit Körperverletzung lautet das Delikt. Die Täter sind keine österreichischen Staatsbürger, und sie sind mit 15 oder 16 auch schon älter als ihre Schulkollegen, sprich: strafmündig. Der Direktor, der dem Standard von diesem Fall erzählt hat, weiß genau was das für die Jugendlichen - und ihre ganze Familie - bedeuten kann: Wer straffällig wird, wird abgeschoben.

Mehr Suspendierungen

Disziplinäre Probleme seien freilich keine Frage der Herkunft oder des Geschlechts, betont der Direktor: So musste er erst jüngst Mädchen von der Schule suspendieren, die sich einen wahren Zickenkrieg geliefert hatten. Eine Suspendierung, die für maximal vier Wochen ausgesprochen werden kann, sei zwar die letzte Konsequenz; sie müsse aber immer öfter verhängt werden.

Schlägereien, Beschimpfungen, Diebstahl, sexuelle Übergriffe, Mobbing - mit all diesen Problemen würden die Pädagogen alleingelassen, sagt der Hauptschuldirektor, der anonym bleiben möchte. Die zwölf Schulsozialarbeiter, die seit Herbst vergangenen Jahres in Wien im Einsatz sind, seien ihm jedenfalls "keine Hilfe", sagt der Pädagoge, denn "es ist nicht festgelegt, was sie machen dürfen, und es fehlt die Anbindung zum Amt für Jugend und Familie."

Ein "breites Handlungsfeld" wünschte sich der zuständige Stadtrat Christian Oxonitsch (SP) für die Schulsozialarbeiter bei deren Einsetzung im Herbst vergangenen Jahres: "Vom sozialen Lernen im Unterricht, vertrauensbindenden Maßnahmen und Krisengesprächen bis hin zur Vernetzungsarbeit mit Eltern und anderen Institutionen." Angestellt sind die Sozialarbeiter auf Lehrerposten beim Stadtschulrat - eine "bewusste Konstruktion", wie es im Oxonitsch-Ressort heißt. Im Bedarfsfall würde ohnehin das Amt für Jugend und Familie eingeschaltet.

"Man versucht, Probleme auf kommunaler Ebene mit Bundesmitteln zu lösen" , kritisiert hingegen die nicht amtsführende VP-Stadträtin, Isabella Leeb, im Gespräch mit dem Standard. Denn Lehrer - und damit auch die ihnen besoldungsrechtlich gleichgestellten Schulsozialarbeiter - werden über den Stadtschulrat aus dem Bundesbudget bezahlt. Leeb wirft der SP insgesamt "Planlosigkeit" in der Bildungspolitik vor: "Jede Suspendierung ist eine Katastrophe. In letzter Konsequenz hat das auch volkswirtschaftliche Probleme zur Folge." Allein mit den 3,4 Millionen Euro, die an Werbekosten für die von den Sozialdemokraten beschlossenen Volksbefragung aufgewendet werden, könne man zwei Jahre lang in jedem Bezirk einen zusätzlichen Schulsozialarbeiter fix anstellen, rechnet Leeb vor. (Andrea Heigl, DER STANDARD, Printausgabe, 8.1.2010)