Gretner: Asylsuchende überwachen statt betreuen?

Foto: Matthias Cremer/Der Standard

Abgesehen von der miserablen politischen Performance der Bundesregierung unter dem Titel "Innenministerin Fekter drückt das heimlich durch, und wir sind dagegen" und der peinlichen populistischen Vorwahl-Aufgeregtheit des burgenländischen Landeshauptmannes und seiner Amtskollegen in allen Bundesländern manifestiert sich die Unrühmlichkeit der Eberau-Debatte auch in einem von der Öffentlichkeit bisher kaum beachteten bildlichen Detail: dem Pseudoentwurf ("Rendering") des bisher unbekannten Asylzentrum-Planers (siehe Abb.).

Sieht so im Jahre 2010 ein Neubau eines Asylzentrums in Österreich aus? Was vermittelt dieses Bild?

Die ersten Assoziationen: Kaserne, Gefängnis, Straflager. In der Mitte der Exerzier- oder Aufmarschplatz, umgeben von kasernenartigen Trakten unter einem heimeligen Satteldach.

Hier geht es dem Bild nach offensichtlich darum, Menschen zu überwachen, sie "beisammen zu behalten", sie zu verwalten. Es ist eine banale Kombination aus Dach-überm-Kopf und Kontrollanlage. Die eigentliche Planungsaufgabe, einen Lebensraum für Asylsuchende zu schaffen, würde wohl ein Fünfjähriger einfühlsamer bewältigen.

Hier geht es schließlich um Menschen - oftmals Familien -, die auf der Flucht sind und die meist weite, gefahrvolle und anstrengende Wege hinter sich haben, um Schutz zu suchen und um ein Menschenrecht geltend zu machen, zu dessen Wahrung sich die internationale Gemeinschaft und somit auch Österreich verpflichtet hat. - Und der Republik fällt dazu nichts Besseres ein als die Errichtung eines Neubaus, dessen Konzept schon im vorigen Jahrhundert antiquiert war.

Gut, wenn man eine Kaserne umfunktioniert, könnte das eine günstige Lösung sein. Aber im Jahr 2010 eine neue zu errichten kann doch wohl nicht ernst gemeint sein?

Ist es aber. Dieses Bild wird auch noch von Innenministerin Fekter und deren Presseabteilung in verschiedensten Varianten offensiv unter die Leute und in die Medien gebracht. Man schämt sich gar nicht dafür, dass die menschenverachtende Haltung gegenüber Asylwerbenden als potenziellen Kriminellen, die man bewachen muss, hier so unverhohlen zum Ausdruck gebracht wird .

Äußerst ungewöhnlich und hinterfragenswert ist im Übrigen auch die "zufällige" Konstruktion, "dass der Architekt Inhaber des Grundstücks in Eberau" sei. Wie kommt denn das, bitte schön?

Mutmaßungen, wonach man einem unbegabten Familienangehöriger des Bürgermeisters endlich einen Auftrag verschaffen wollte oder jemand in akuten Geldnöten das Grundstück schnell einem drittklassigen Architekten verkauft hat, der zum Zug kommen sollte, führen wohl in eine Sackgasse. Wahrscheinlich handelt es sich lediglich um eine dem juristischen Geschick von Beamten des Innenministeriums zu verdankende Umgehung des Vergaberechts unter dem Motto "Es geht ja nur um Asylanten - was brauchen die ein zeitgemäßes Wohnhaus?"

Fazit: Die Diskussion um das Asylzentrum Eberau ist in jeder Hinsicht beschämend - auch für die Kulturnation Österreich. (Sabine Gretner*, DER STANDARD Printausgabe, 08.01.2010)