Ungleiche Mäusezwillinge: Bei der jeweils unteren Maus wurde der neu entdeckte Signalweg verstärkt. Die Folge: Das ungesunde weiße Fettgewebe ist fast völlig verschwunden.

Foto: Pospisilik, IMBA
Foto: Esterbauer, MUW

Wien - Die Entdeckung hat das Zeug zur medizinischen Sensation. Entsprechend hat die renommierte Fachzeitschrift "Cell", in der die Erkenntnisse gestern publiziert wurde, die Veröffentlichung zum "Article of the Future" erklärt. Tatsächlich könnte sich mit der Entdeckung womöglich eines der größten medizinischen Probleme der Zukunft lösen lassen: jenes der Fettsucht, die in den Industrieländern längst epidemische Ausmaße angenommen hat.

Eine Forscherteam rund um Andrew Pospisilik vom Institut für Molekulare Biotechnologie (Imba) in Wien hat nämlich einen Stoffwechselweg aufgeklärt, der die Bildung von Fettzellen reguliert. Durch entsprechende Eingriffe konnte bei Mäusen bereits die Bildung von weißem Fett erfolgreich unterdrückt werden, wie die Forscher um den 33-jährigen kanadischen Physiologen gemeinsam mit Kollegen aus Österreich und Kanada berichten.

Hedgehog macht schlank 

Dem erfolgreichen Experiment gingen zahlreiche Vorstudien voraus. Zunächst verschafften sich die Forscher in der einzigartigen Wiener "Fliegen-Bibliothek" einen Überblick, welche Gene am Fettstoffwechsel beteiligt sind. Dabei stießen sie auf das Gen Hedgehog (englisch für Igel), von dem bisher bekannt war, dass es wichtige Entwicklungsprozesse im Embryo steuert.

Bei weiteren Untersuchungen an Mäusen zeigte sich, dass die von Hedgehog verursachte Signalkaskade tatsächlich die Bildung von ungesunden "weißen" Fettzellen unterdrückt - zunächst bei Experimenten mit kultivierten Mauszellen und dann in Mäusen, bei denen der Hedgehog-Signalweg durch eine genetische Manipulation verstärkt wurde, die sonst aber gesund blieben.

Die neuen Erkenntnisse machen Hoffnung auf therapeutische Anwendungen: Denkbar wäre, durch Aktivierung von Hedgehog auch beim Menschen die Fettverteilung gezielt in Richtung "Schlankheit" zu verschieben. (Klaus Taschwer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8. Jänner 2010)