Hausstaubmilben sind Spinnentiere. Sie ernähren sich vorzugsweise von menschlichen Hautschuppen.

Foto: ALK-Abelló

Wien - Sinken die Temperaturen, steigt die Zahl schnupfender und niesender Menschen. Doch nicht immer sind Grippeviren die Verursacher von roten Nasen und Augen. Auch Hausstaubmilben sind für zahlreiche Österreicher in der Heizsaison eine große Belastung. Die Symptome eines grippalen Infektes und einer Allergie imponieren ähnlich und werden deshalb häufig verwechselt. Empfehlung der Experten: Dauern die Beschwerden länger als vier Wochen an, sollte ein Allergologe  konsultiert werden. Allergenreduktion in Kombination mit einer gezielten Behandlung kann Folgeerkrankungen wie chronisches Asthma verhindern.

Heizperiode besonders belastend

Hausstaubmilben sind die mikroskopisch kleinen Verwandten von Zecken und Spinnen. Sie sind mit freiem Auge nicht sichtbar, machen jedoch zahlreichen Menschen das Leben schwer. „Das Immunsystem von Allergikern reagiert überempfindlich auf das im Körper und Kot der Milbe enthaltene Eiweiß, das eine hohe allergische Potenz aufweist", erklärt Zsolt Szépfalusi von der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde in Wien. Die Heizperiode stellt für sensibilisierte Menschen die belastungsstärkste Zeit dar, denn durch das Aufdrehen der Heizung wird Staub aufgewirbelt, der unter anderem zahlreiche Milbenallergene enthält. Szépfalusi weiter: „Die Allergene verbinden sich mit der Atemluft und gelangen so auf die Schleimhäute von Augen und Atemwege und kommen mit der Haut in Berührung. Die Folgen können heftige Niesattacken, eine verstopfte oder laufende Nase, juckende, tränende Augen oder juckende Hautausschläge sein."

Nicht nur lästig

Da die Symptome sehr stark einer Erkältung oder einem grippalen Infekt ähneln, die zu dieser Jahreszeit ebenfalls gehäuft auftreten, wird die allergische Reaktion in vielen Fällen als harmlose Verkühlung abgetan. Eine mitunter folgenschwere Verwechslung, wie der Allergie-Experte bestätigt: „Eine Hausstaubmilbenallergie ist nicht einfach nur lästig. Unbehandelt kann die allergische Entzündung die oberen und die unteren Atemwege betreffen und eine schwere chronische Atemwegserkrankung verursachen, die zwar kontrolliert, aber nicht mehr völlig ausgeheilt werden kann. Mit Asthma hat man dann nicht nur während der Heizsaison sondern ein Leben lang zu kämpfen." Seine dringende Empfehlung: „Dauert der Schnupfen länger als vier Wochen an, sollte ein allergologisch versierter Facharzt aufgesucht werden."

Selbsttest & Diagnose beim Spezialisten

Zur ersten und kostenlosen Risikoabklärung gibt es einen klinisch geprüften Selbsttest auf der Startseite der IGAV. Der Test dauert nur wenige Minuten und liefert einen ersten Hinweis, ob die Beschwerden von einer Allergie stammen könnten. Die genaue Abklärung muss dann beim allergologisch versierten Facharzt für Kinderheilkunde, Haut-, Lungen- oder HNO-Krankheiten beziehungsweise im Allergie-Ambulatorium oder an der Allergie-Ambulanz in den Krankenhäusern erfolgen. „Wurde die Allergie bestätigt, sollte unverzüglich mit der Behandlung begonnen werden, die im Wesentlichen auf drei Säulen basiert: Allergenvermeidung, Linderung der Beschwerden und Entzündungsbehandlung sowie Ursachenbekämpfung", informiert Szépfalusi. Erster Schritt ist die Allergenreduktion. „Werden die Allergenvermeidungsmaßnahmen umfassend und konsequent betrieben, kann die Belastung deutlich spürbar eingedämmt werden. Gute Beratung und sorgfältige Planung der Sanierungsmaßnahmen sind entscheidend für den nachhaltigen Erfolg."

Milbenherd Schlaf- und Kinderzimmer

Milben lieben feucht-warmes Klima, weshalb sie sich in unseren Betten am wohlsten fühlen. Neben den idealen Lebensbedingungen finden sie auch ausreichend Nahrung in Form von menschlichen Hautschuppen und Pilzsporen. Szépfalusi: „Da die Milbenpopulation im Bett am größten ist, werden im Schlaf besonders viele Allergene eingeatmet. Dadurch sind die Beschwerden in den Morgenstunden am stärksten spürbar." Ausgangspunkt einer umfassenden Allergenvermeidung sollte deshalb das Schlaf- bzw. Kinderzimmer sein. „Eine einfache aber sehr effektive Maßnahme ist das „Verpacken" von Matratzen und Bettzeug mit speziellen Überzügen, sogenannten Encasings, die bereits vor Auftreten von allergischem Asthma und auch während einer medikamentösen Therapie weiter verwendet werden sollten. Gute Überzüge lassen Feuchtigkeit durch, halten jedoch Allergene aus Matratze, Tuchent und Polster dauerhaft fern vom Schlafenden und verhindern den Kontakt mit dem Allergen", so der Allergie-Experte. Beim Kauf sollte daher auf gute Qualität der zu verwendenden Produkte geachtet werden, da Tests gezeigt haben, dass viele Überzüge nach längerem Gebrauch an Wirkung verlieren.

Wohnraum sanieren...

„Um eine langfristig anhaltende Besserung der Beschwerden zu erzielen, ist die konsequente Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen wesentlich. Das Überziehen der Bettwäsche allein reicht oft nicht aus, um auf Dauer ein zufriedenstellendes Ergebnis zu erzielen. Nur ein Bündel an Maßnahmen, kann eine nachhaltige Besserung bewirken", erklärt Szépfalusi. Der aufgewirbelte Staub verteilt Allergene (in geringerer Konzentration) auch in anderen Räumen. Eine Sanierung von Teppichen und Polstermöbeln sowie das Entfernen von Staubfängern wie Vorhänge, Plüschtiere etc. sind daher auch außerhalb des Schlafzimmers empfehlenswert. Zusätzlich hilft es, ein milbenfeindliches Klima durch regelmäßiges Stoßlüften zu schaffen.

...und Allergieursache bekämpfen

Durch dauerhafte Allergenvermeidung kann die Belastung für Allergiker stark reduziert, aber nicht vollständig eingedämmt werden. Um die Beschwerden zu lindern, kommen zusätzlich Medikamente zum Einsatz, die Symptome lindern (z.B. Antihistaminika und Kortison). Die spezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung beziehungsweise Allergie-Impfung) ist die dritte therapeutische Säule. Sie bekämpft nicht nur die Beschwerden, sondern als einzige Behandlungsmethode auch die Ursache der Allergie. Allergikern wird dadurch die Möglichkeit einer raschen und lang anhaltenden Besserung ihrer Beschwerden geboten. „Ziel der SIT ist es, das Immunsystem Schritt für Schritt an das Allergen zu gewöhnen. Dabei wird der Allergie-Auslöser in langsam steigenden Dosen unter die Haut gespritzt oder unter die Zunge getropft bis die optimale Höchstdosis erreicht ist", so Szépfalusi „Durch die Anwendung modernster Allergenpräparate erzielt diese Behandlung heute bereits bei bis zu neun von zehn Patienten eine rasche und deutliche Besserung. Je früher mit einer Immuntherapie in Spritzenform oder als Tropfen unter die Zunge begonnen wird, desto größer ist die Chance, die Allergiesymptome zu reduzieren oder bestenfalls sogar zu verlieren."

In Entwicklung: Die Milbentablette

Die Entwicklung der Immuntherapie wird vorangetrieben. So wird bereits an einer Milbentablette geforscht, die es in den nächsten Jahren geben soll. Wie die in Österreich bereits zugelassene Gräsertablette soll dann auch die Milbentablette Erwachsenen und Kindern als innovative Therapieform zur Verfügung stehen. (red)