Rom - In der Debatte um den Einsatz von Körperscannern an Flughäfen warnt der italienische Gesundheitsminister Ferruccio Fazio vor Risiken, die mit den Röntgenstrahlungen verbunden sind. Die Röntgenstrahlung könne für schwangere Frauen, Kinder und für Vielflieger gefährlich sein, erklärte der Minister im Interview mit der italienischen Tageszeitung "La Stampa" am Freitag.

Die Röntgenstrahlungen hätten laut Experten das Gefährdungspotenzial, langfristig Krebs, wie  Leukämie, zu verursachen. Bei einer einzelnen Durchleuchtung seien Menschen zwar nur einer sehr geringen Menge von Röntgenstrahlen ausgesetzt, das Risiko steige aber mit jeder Kontrolle. "Man muss vor allem die Folgen für Personen überprüfen, die oft reisen und daher wiederholt Röntgenstrahlen ausgesetzt werden", meinte der Minister.

Testkontrollen ab März

Italien will nach dem nur knapp gescheiterten Anschlag auf ein US-Passagierflugzeug die umstrittenen Körperscanner auf den Flughäfen einführen. Mit Testkontrollen werde man bis spätestens März auf den Flughäfen von Rom, Venedig und Mailand beginnen, hatte der italienische Innenminister Roberto Maroni am Donnerstag angekündigt. Die Niederlande und Nigeria haben bereits angekündigt, künftig Körperscanner bei Sicherheitskontrollen auf Flughäfen zu nutzen. Auch in Deutschland wird ein Einsatz diskutiert.

Entwürdigendes Verfahren

Neben der Frage nach dem Nutzen und den möglichen gesundheitlichen Risiken, weist die Tübinger Ethikerin Regina Ammicht Quinn vom Internationalen Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW) auch auf die ethische Problematik solcher Kontrollen hin: "Schambesetzte körperliche Behinderungen und chronische Krankheiten werden mit Körperscannern identifiziert, und die betroffenen Menschen werden leicht zu Terror-Verdächtigen und müssen sich erklären. Damit werden kranken und behinderten Menschen entwürdigende Situationen zugemutet."

Auch wenn - wie in der momentanen politischen Diskussion vorausgesetzt wird - die Bilder so anonymisiert werden, dass nicht mehr der nackte Körper dargestellt wird (sondern nur noch die Umrisse des Körpers oder ein abstraktes Piktogramm), sind nicht alle ethischen Probleme gelöst. Die Scanner müssen zwischen "Menschlichem" und "Nicht-Menschlichem", das sich unter der Kleidung befindet, unterscheiden. Damit ist eine Bevölkerungsgruppe in besonderer Weise betroffen: Menschen mit verdeckten Behinderungen. Das "Nicht-Menschliche" mag ein Keramikmesser oder Plastiksprengstoff sein - es kann aber auch eine Brustprothese, ein Insulinport, ein Urinbeutel oder ein künstlicher Darmausgang sein.

Ethische Bewertung von Sicherheitstechnologien

Die ethischen Probleme der Körperscanner werden bereits seit 2007 in dem Forschungsprojekt THEBEN unter Leitung von Ammicht Quinn untersucht. "THEBEN" steht für "Terahertz-Detektionssysteme: Ethische Begleitung, Evaluation und Normenfindung". Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Im Rahmen des Projektes wird derzeit für das Ministerium eine Handreichung zur ethischen Bewertung von Sicherheitstechnologien insgesamt erarbeitet. Diese Handreichung soll zur Erstorientierung für Forschungspolitik, Anwender, Betroffene und den gesellschaftlichen Diskurs dienen.

Das Projekt THEBEN reflektiert die Körperscanner dort, wo sie auf den Menschen angewendet werden, in ihrer Entwicklung, bewertet Umsetzungs-Szenarien und arbeitet Bedingungen für die ethisch vertretbare Anwendung der Scanner aus. Darüber hinaus analysiert und bewertet es gesellschaftliche Konzepte von Sicherheit im Zusammenhang mit Sicherheitstechniken. (red)