St. Pölten - In Niederösterreich leiden heute etwa 20.000 Menschen an Demenz. Im Jahr 2050 werden es mehr als doppelt so viele sein. 80 Prozent der Erkrankten werden von Familienangehörigen betreut. Diese werden dabei aber oft allein gelassen, sind überfordert und haben kaum mehr Zeit für sich selbst. "Die Menschen brauchen daher dringend unsere Unterstützung: zeitgemäße Versorgungsstrukturen, eine gesicherte Finanzierung, raschere Diagnosen und mehr Beratung", betont NÖ Hilfswerk-Präsident Ernst Strasser anlässlich einer Pressekonferenz am 8. Jänner. Und Strasser weiter: "Wir müssen auch offener über Demenz sprechen und die dramatischen Folgen der Krankheit stärker bewusst machen. Genau das tun wir mit unserer Bildungs- und Informationsoffensive: Demenz. Vergessen. Nicht vergessen sein".

Erhebliche Belastungen für Angehörige

Demenzexperte Johannes Wancata, der heute erste Ergebnisse einer Studie über die Belastungen der Angehörigen von Demenzkranken vorstellt, ergänzt: "Eine intensive ambulante Betreuung der Erkrankten ist daher so wichtig, damit sie so lange wie möglich in ihrer vertrauten Umgebung bleiben können. Unterstützung bei der Pflege und Betreuung zu Hause, wie sie vom NÖ Hilfswerk angeboten wird, ist für die Betroffenen und deren Angehörigen eine sehr großer Hilfe".

Die Auswirkungen für Erkrankte sind oft so dramatisch. Viele können ihren Alltag nicht mehr alleine bewältigen. 94 Prozent der an mittlerer Demenz Erkrankten können keinen selbständigen Einkauf tätigen. Ein einfaches Telefongespräch ist für 21 Prozent der Menschen mit leichter Demenz nicht mehr möglich. Doch leider wird Demenz immer noch stark unterschätzt. Experten glauben, dass nur 20 Prozent der Erkrankungen richtig und rechtzeitig diagnostiziert werden. "Doch wenn die Krankheit früh erkannt und rechtzeitig behandelt wird, kann die Lebensqualität der Betroffenen und deren Angehörigen entscheidend verbessert werden", so Strasser.

Erhebungsbogen zur Früherkennung

Um richtig und schnell helfen zu können, braucht es aktuelles Wissen über die Krankheit. Dafür wurden im vorigen Jahr 2.000 Mitarbeiter in den Bereichen Pflege und Betreuung geschult. Am 22. Jänner 2010 veranstaltet das NÖ Hilfswerk an der FH St. Pölten die Fachtagung "Gepflegt altern". Um die Früherkennung zu verbessern arbeitet das Hilfswerk mit einem neuen Erhebungsbogen und kooperiert eng mit Haus- und Fachärzten, die bei Bedarf auch zu den Patienten nach Hause kommen. Diese Maßnahmen erleichtern die Diagnose und unterstützen die Therapie in den eigenen vier Wänden.

Probleme der Angehörigen

In Kooperation mit dem NÖ Hilfswerk untersucht Demenzexperte Johannes Wancata die Probleme und Sorgen der Angehörigen von Demenzkranken. Um ihre Befindlichkeiten besser erfassen und auch für die Studie dokumentieren zu können, hat er eine kurze Checkliste entwickelt. Nun liegen die ersten Ergebnisse der Studie vor. "Rund um die Uhr für einen Menschen da zu sein führt bei 29 Prozent der Befragten zur Isolation und bei 55 Prozent sogar bis zum Burn-Out. Auch die große Unsicherheit ob sie mit einem geliebten Menschen richtig umgehen verunsichert viele", betont Wancata. (red)