20) Fever Ray: "Fever Ray"
Ich habe Angst vor Karin Dreijer. Wäre die Frau, die Stimmmutationen zur düsteren Kunstform erhoben hat, nicht in den Charts vertreten, käme sie womöglich aus Schweden angeflogen, um uns allen die Fresse zu polieren. Hilfe!  (Rabid Records/Universal)

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Fever Ray

Coverfoto: Rabid Records

19) Lily Allen und Miss Li
I am a weapon of massive consumption. And it's not my fault, it's how I'm programmed to function. Kleine Gesten der Subversion waren 2009 höchst marktkompatibel: Heavy Roation für Lily Allens "It's Not Me, It's You" (EMI), ein iPod-Jingle für - ausgerechnet - den Anti-Statussymbol-Song "Bourgeois Shangri-La" aus Miss Lis "Dancing The Whole Way Home" (DevilDuck/Hoanzl). Süßes Gift für die Ohren. Und keine Angst: Dies wird keine rein weibliche Angelegenheit.

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Lily Allen
+ Miss Li

Coverfotos: Parlophone/Emi, DevilDuck Records

18) Mika: "The Boy Who Knew Too Much"
Da, bitte: Ein Mann. Auch wenn er gerne kreischt wie eine ganze Achterbahn voller Nonnen. "The Boy Who Knew Too Much" ist ein einziger Rummelplatz, auf dem sich der 26-Jährige als fünfter ABBA austoben darf.  (Universal)

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Mika

Coverfoto: Universal

17) Masha Qrella: "Speak Low. Loewe And Weill In Exile"
Wer sagt, dass Kurt Weill und Ira Gershwin alte Zöpfe wären? Oder zumindest ehrfürchtige "Ernste Musik"-Herangehensweisen erfordern würden? Die Berlinerin Masha Qrella wandelt 70 Jahre altes Liedgut in leichtfüßigen Gitarrenpop um und macht es zum Sound der Gegenwart. (Morr/Hoanzl)

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Masha Qrella

Coverfoto: Morr

16) Darren Hayman & The Secondary Modern: "Pram Town"
Wer hat hierzulande schon je von Harlow gehört? Mit einem folkigen Konzeptalbum im Stil der 60er Jahre setzt Ex-Hefner Darren Hayman nicht nur der englischen Kleinstadt, sondern überhaupt den verblassten Gesellschaftsmodellen des einstigen Wirtschaftswunderzeitalters ein Denkmal. Traurig, schön, nicht ganz ohne Hoffnung. (Wohnzimmer/Hoanzl)

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Coverfoto: Wohnzimmer

15) Muff Potter: "Gute Aussicht"
Letzter Salut für die Band aus Münster, die es irgendwie nie bis in die oberste Liga der deutschen Indie-Rocker geschafft hat, mit ihrem Abschiedsalbum aber noch einmal alles gegeben hat. Inklusive des besten Album-Intros des Jahres: "Ich und so", ein Amok laufendes Mastodon von einem Song. (Huck'sPlattenkiste/Edel)

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Muff Potter

Coverfoto: Huck's Plattenkiste

14) Peaches: "I Feel Cream"
Hach, die Mode. Aus irgendwelchen Gründen mussten heuer alle La Roux ganz furchtbar toll finden. Das Keyboard lass ich dann aber doch lieber von der alteingesessenen Elektrofachfrau behandeln. Peaches wälzt sich auf "I Feel Cream" in fetten Grooves, glitzernd wie drei Las Vegasse. (XL/Edel)

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Peaches

Coverfoto: XL

13) Miss Kittin and The Hacker: "Two"
Und wenn wir schon beim Thema Frauen und elektronische Musik sind: So emotionslos in die Gegend schauen wie  Elly Jackson kann Caroline Hervé schon lange. Heuer endlich wieder in Kooperation mit "The Hacker" Michel Amato und einem Elvis-Cover ("Suspicious Minds") im Gepäck, das die Pet Shop Boys-Version von "Always On My Mind" nachgerade erdig klingen lässt. (Nobody's Business/Hoanzl)

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Miss Kittin

Coverfoto: Nobody's Business

12) Surf City: "Surf City"
Eine Positionierung mit Vorschusslorbeeren, immerhin gibt's von dem jungen Quartett aus Neuseeland erst diese EP. Die ruft dafür die besten Zeiten des Kiwi-Pop von Flying Nun in Erinnerung: Sechsmal superfrischer Surfpunk, neben dem das heurige Comeback der Sound-Ahnen The Clean heftig verblasst.  (Morr/Hoanzl)

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Surf City

Coverfoto: Morr

11) A Camp: "Colonia"
Der Schmelz! Das Schmalz! Vielleicht ist Nina Persson nach der Vorjahreskooperation mit Florian Horwath ja auf den Geschmack der Feinpolitur gekommen. Mit "Colonia" hat sie ein Edelmusical in Sachen Herzschmerz geschrieben. Bells are gonna ring! Birds are gonna sing! Und so weiter. Und so fort. (Reveal Records/Import)

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Coverfoto: Reveal Records

10) Paul Haig: "Relive"
"Relived" haben sich 2009 so einige, von Madness über Shirley Bassey bis zu den Slits. Herzlich willkommen im neuen Leben auch Paul Haig: Der Postpunk-Veteran macht nach 30 Jahren immer noch einen recht knackigen Eindruck und brettert im aufgerockten New Order-Stil dahin. Und das richtig gut. (Rhythm Of Life/Hoanzl)

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Paul Haig

Coverfoto: Rhythm of Life

9) Chicks On Speed: "Cutting The Edge"
Geschichtsbewusst streichen die Münchnerinnen die Verwandtschaft des Electropunk zum 25 Jahre älteren Namensvetter hervor, covern Peter Weibels "Sex in der Stadt" und laden B-52 Fred Schneider zum Skandieren ins Studio ein. Gelungenstes Statement ist es, ein Manifest zur Lage der zeitgenössischen Kunst ("Art Rules") Ballermann-tauglich zu arrangieren. (Chicks On Speed Records/Trost)

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Chicks On Speed

Coverfoto: Chicks On Speed Records

8) Matt & Kim: "Grand"
Damit ist die Frage beantwortet, wieviele Menschen es braucht, um Pop zu schaffen, der noch die notorischste Schlafmaus aus dem Bett klingelt: 2. Matt (Johnson) & Kim(berley Schifino) heißen sie und enthusiastisches Bearbeiten von Schlagzeug und Keyboard reicht ihnen aus, um für den fröhlichsten DIY-Sound des Jahres zu sorgen: LoFi, HiSpeed. (Nettwerk/Soulfood)

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Matt & Kim

Coverfoto: Nettwerk

7) Ezra Furman & the Harpoons: "Inside the Human Body"
Mitreißend zynisch und unbarmherzig komisch erklärt Ezra Furman aus Chicago sich selbst zum Wurm im verrottenden Big Apple und zu just another dirty dish in the machine. Young Dylan Goes Punk.
(Schönwetter Schallplatten/Hoanzl)

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Ezra Furman

Coverfoto: Schönwetter Schallplatten

6) Benjamin Biolay: "La Superbe"
"Si tu suis mon regard" war mein meistgehörter Song des Monats Dezember. Und ist doch nur ein Zweiundzwanzigstel eines opulenten Menüs aus Chansons und Yéyé-Pop im Geiste Serge Gainsbourgs.  (Naive/Lotus)

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Benjamin Biolay

Coverfoto: Naive

5) Yeah Yeah Yeahs: "It's Blitz"
Auf dem Weg vom Rock zum Dancepunk haben die New YorkerInnen einige Alt-Fans an der Tanke stehen lassen und dafür Anhalter wie mich mitgenommen. "Heads Will Roll", "Zero" und "Skeletons" sind einfach unwiderstehliche Songs - und einen so unbeholfen glamourösen Eindruck wie Karen O gibt sonst nur Brian Ferry ab. (Universal)

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Yeah Yeah Yeahs

Coverfoto: Universal

4) Yoko Ono Plastic Ono Band: "Between My Head And The Sky"
Die Diven der New Yorker Kunst-Szene gehen in Serie: 2007 legte Debbie Harry ein trashiges PopArt-Album vor, 2008 feierte Grace Jones das Comeback des Jahres, und 2009 stellte Yoko Ono mit dem persönlichsten Album ihrer langen, langen Laufbahn beide in den Schatten. Irgendwie gerät Laurie Anderson jetzt ganz schön unter Zugzwang ... (Chimera/Hoanzl)

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Yoko Ono Plastic Ono Band

Coverfoto: Chimera

3) Patrick Wolf: "The Bachelor"
Sein erstes von den Fans mitfinanziertes Album nutzt der angehende Renaissancefürst des Pop für konsequente Selbstmythologisierung. Bombastische Balladen einerseits, knallharte Attacken im Stil von und in Zusammenarbeit mit Alec Empire andererseits. Am schönsten aber geriet das labyrinthische Duett "Theseus" mit Leinwand-Göttin Tilda Swinton.(Chrysalis/Import)

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Coverfoto:Bloodychambermusic/Chrysalis

2) Y.A.S.: "Arabology"
Mit dem Trans-Europa-Express verlässt Studio-Zampano Mirwais Paris. In Düsseldorf legt er einen Zwischenstopp ein und verlädt ein Kraftwerk-Sample. Er trifft in Beirut ein und holt die Sängerin Yasmine Hamdan ab. Sie machen ein bisschen rum, und das Ergebnis ist eine Synthese aus Elektropop und arabischen Vocals, der Groove des Jahres. (Universal Frankreich/Import)

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Y.A.S.

Coverfoto: Universal

1) Ja, Panik: "The Angst And The Money"
Dazu wurde schon so viel geschrieben - und alles, was positiv war, hat auch gestimmt. Die Ex-Burgenländer setzten auf ihr großartiges Album aber noch eins drauf und veralberten Märchenonkel Distelmeyer ("Lass uns Liebe sein") mit ihrem anmutigen Tanzvideo zu "Pardon". Der krönende Abschluss des Jahres.  (Schönwetter Platten/Hoanzl)

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Ja, Panik

Coverfoto: Staatsakt/Schönwetter Schallplatten