Katharina Riederer kombiniert Technik und Kreativität.

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"In Zukunft wird sich Mobilität zunehmend unter der Erde abspielen", ist Katharina Riederer überzeugt. "Mit dem Wachsen der Städte, des Verkehrs, der Raumknappheit und der Umweltverschmutzung gewinnen auch Tunnel massiv an Bedeutung."

Es sind diese verborgenen Meisterwerke der Ingenieurskunst, denen die 29-jährige Baustatikerin ihr technisch-kreatives Potenzial widmet. Ihr Spezialgebiet dabei ist die numerische Simulation, die sowohl bei der Planung als auch beim Bau von Tunneln eine zentrale Rolle spielt.

Während man dafür bis vor kurzem noch stark vereinfachte 2-D-Modelle verwendete, setzen die Forscher mittlerweile verstärkt auf die realitätsnähere 3-D-Simulation. Gemeinsam mit ihren Kollegen vom Institut für Baustatik der TU Graz arbeitet Riederer an der Entwicklung einer neuen Generation dieser Simulationsprogramme, die wesentlich genauer, effizienter und benutzerfreundlicher sein soll als die gegenwärtig verfügbare.

Mit diesem Ziel im Hintergrund konzentriert sich die junge Forscherin seit drei Jahren auf die Modellierung und Simulation von Felsankern, die im konventionellen Tunnelbau zu den wichtigsten Stützmitteln gehören. Dabei bedient sie sich der sogenannten Randelementemethode, bei der nicht das ganze Felsmaterial, sondern nur die Tunneloberfläche in einzelne Punkte bzw. Elemente zerlegt wird. "Dadurch verkleinert sich das Gleichungssystem auf ein überschaubares Maß", erklärt Riederer. "Allerdings kann man den Anker mit dieser Methode nicht mehr so leicht einbringen, weil für das Innere des Felsens keine Elemente vorhanden sind. Außerdem funktioniert sie bisher nur bei homogenem Material."

Kreativität notwendig

Um die zukunftsträchtige, aber noch nicht sehr weit entwickelte 3-D-Simulationsmethode auch für Felsanker tauglich zu machen, war eine ordentliche Portion Kreativität nötig: "Ich hatte hier eine völlig neue Aufgabe zu lösen, für die es noch kaum Anhaltspunkte in der Fachliteratur gibt", berichtet die Forscherin. "Vieles musste ich praktisch erst erfinden." Durch ihre Expeditionen in wissenschaftliches Neuland konnte Riederer letztlich eine neue Methode entwickeln, um Felsanker bedeutend effizienter und realistischer als bisher zu simulieren. Eine Leistung, die ihr kürzlich einen der Forschungspreise für Simulation und Modellierung des Landes Steiermark einbrachte.

Um ihr Talent fürs Technische so erfolgreich ausleben zu können, bedurfte es jedoch eines kleinen Umwegs: Denn nach dem Abschluss der HTL Ortweinschule in Graz mit Schwerpunkt Kunst und Design versuchte es Katharina Riederer zunächst mit der Architektur. "Die Bautechniker galten in unserer Klasse nicht gerade als die großen Vorbilder - da bewunderte man eher das Künstlerische." Derart geprägt konnte sich ihre wahre Leidenschaft erst nach der ersten Diplomprüfung in Architektur durchsetzen - sie inskribierte Bauingenieurwesen.

"Vorher habe ich mir das einfach nicht zugetraut!" Bezeichnenderweise ist die Wissenschafterin die einzige Frau am Institut für Baustatik, wo sie demnächst ihre vom Wissenschaftsfonds FWF geförderte, ausgezeichnete Doktorarbeit abschließen wird. Erfolgreich widerlegt hat sie mit dieser Arbeit übrigens auch das Vorurteil, dass Kreativität und Technik nur wenig miteinander zu tun haben. (Doris Griesser/DER STANDARD-Printausgabe, 5./6. Jänner 2010)