Unternehmen, die für Männer und Frauen in ihrer Vielfalt keine Chancengleichheit herstellen, berauben sich selbst - und zwar der Chance auf die besten Mitarbeiter, sagt Heike Frühwirth, Forschungsleiterin Biotech bei der Grazer BDI Biodiesel, Komplettanbieter von Anlagen zur Produktion von Biodiesel mit Forschungsschwerpunkt der Gewinnung aus Algen. Dass heute unter den insgesamt 121 Mitarbeitern Geschlechterausgewogenheit herrscht, ist aus der Not geboren worden: "Wir haben uns schwer getan, qualifizierte Absolventinnen zu bekommen" , so Frühwirth, vor allem aus den Bereichen Verfahrenstechnik, Maschinenbau und Chemie.

"Wir suchen nicht nach Geschlecht oder Religion aus" , erklärt Robert Lechner, Geschäftsführer der Forschungs- und Beratungsgesellschaft Österreichisches Ökologie-Institut. Nicht die hohe Bezahlung mache sein Unternehmen attraktiv, sondern Vielfalt, Transparenz und Output-orientiertes Arbeiten. Lechner: "Das will nicht jeder, aber wer es will, findet es vor, und für uns sind gemischte, gegenderte Teams Grundvoraussetzung." Es sei für Frauen zulässig, sich fördern zu lassen, darin liegt für ihn kein Geschmack von "Bedürftigkeit" , allerdings: Der ROI werde von der Belegschaft sehr genau hinterfragt.

Attraktivitätsfaktor

"Wenn wir in der Forschung kein Vorbild sind, wer sonst?" , postuliert Boris Hultsch, Geschäftsführer des Holzverbundstoff-Forschers Kompetenzzentrum Holz mit 80 Mitarbeitern. Lange Zyklen in der Forschung ermöglichten Flexibilität, da täglicher Marktdruck wegfalle, eröffne sich Gestaltungsfreiheit - "da ist es uns natürlich ein Anliegen, zu ermöglichen. Das macht auch unsere Attraktivität aus."

Radikaler sieht das Sabrina Tanner, Gründerin und Geschäftsführerin des "wearable technology" -Anbieters Urban Tool. Tanner studierte Industriedesign und machte persönliche Erfahrungen in einem männerdominierten Bereich voller hierarchisierender Geschlechterstereotype. "Man muss Frauen unbedingt fördern, da kann man gar nicht zu viel tun, um Frauen mit anderem Bewusstsein, mit anderem Selbstbewusstsein in die Karriere zu bringen" , so Tanner, deren Urban Tool aus sieben Frauen und einem Mann besteht.

"Must have"

"Der Staatspreis hilft uns, attraktiver zu sein" , freut sich Klaus Michael Koch, Geschäftsführer der Villacher Planungs- und Forschungsgesellschaft Technikon - Koch sucht permanent Mitarbeiter, hat einen 50-prozentigen Frauenanteil, sieht wesentliche Unterschiede aber in der Persönlichkeit, nicht im Geschlecht begründet. Auch wenn er argumentiert, dass Frauen jedenfalls mehr Sitte und Kultur in Teams und Verhandlungssituationen einbringen würden.

Gemeinsam ist allen eine Selbstverständlichkeit: "Wir brauchen Frauen und ihr Potenzial." Gemeinsam ist allen, dass sie dort, wo sie nicht an ausreichend weibliche Mitarbeiter kommen oder diese nicht halten können, mit verschiedensten Förderungen ansetzen. Dass diese vom Wissenschaftsministerium in der Schiene "femtech" auch finanziell geboten werden, wird ohne Umschweife als Anreiz zu Buche gegeben. "Forschung und Entwicklung lebt nun einmal vom Humanpotenzial" , sagt Beatrix Hausner (femtech), die unermüdlich zwecks Sichtbarkeit und Förderung von Frauen in F&E unterwegs ist. Dass die Frauenquote dort mit rund 13 Prozent sehr niedrig und der "pay gap" besonders groß sei, rufe nach Förderung und nach Etablierung von Vorbildern wie etwa durch den nun erstmals verliehenen Staatspreis. (Karin Bauer, DER STANDARD 9.01./10.01.2010)