Wien - Die Liste ist lang und enthält die Namen von 173 Direktoren, Prokuristen und Abteilungsleitern, darunter prominente Namen wie Walter Wolfsberger (Siemens-Österreich-Chef bis 1994) und der ehemaligen Vorstandsdirektoren Peter Flicker, Vinzenz Hübl und Peter Amlinger.

Sie alle machen der Siemens AG Österreich (Sagö) Ärger, denn sie haben den Österreich-Ableger des deutschen Elektromultis geklagt, weil die Siemens-Pensionskasse ihre Zusatzpensionen 2008 mangels Veranlagungserfolg um 14,5 Prozent gekürzt hat. Die ersten Tagsatzungen, bei denen die Kläger in vergleich- und administrierbare Gruppen gegliedert wurden, fanden im September und Dezember statt, erfuhr der STANDARD in Siemens-Aufsichtsratskreisen.

Das erste Leistungsbegehren wird im Frühjahr erwartet, bisher habe Anwalt Roland Gerlach lediglich Feststellungsbegehren eingebracht, sagen mit der Materie Vertraute. Mittels selbiger soll klargestellt werden, ob die Sagö ihren Führungskräften bei der Übertragung ihrer betrieblichen Pensionsansprüche in die Pensionskasse 1998 eine lebenslange Valorisierung um jährlich 1,5 Prozent versprochen hat oder nicht - der STANDARD berichtete exklusiv.

Garantie vs. "Kann-Bestimmung"

Die per Einzelverträgen in die Siemens Pensionskasse gewechselten Kläger interpretieren die Angaben im damaligen Prospekt als Garantie, die Sagö erwartungsgemäß als "Kann-Bestimmung", weil vom Veranlagungserfolg abhängig. Nach einer Nachschusszahlung in Höhe von rund 15 Millionen Euro, mit der die Pensionskürzung auf 14,5 Prozent gemildert wurde, musste Siemens in der Bilanz 2009 (per 30. September) für eine allfällige Niederlage vorsorgen, dem Vernehmen nach mit "einem niedrigen zweistelligen Millionenbetrag", wie Teilnehmer der Aufsichtsratssitzung am 21. Dezember wissen wollen.

Sie verfolgen die kommenden Verhandlungen übrigens argwöhnisch, sie fürchten, die Causa könnte "zum Fass ohne Boden" werden: Verliert Siemens, hätten alle Siemens-Pensionisten Anspruch auf Nachzahlung, nicht nur die in der Interessengemeinschaft Siemens Pensionskasse (ISPK) versammelten. Das schließt man bei Siemens aus. Der Regelkreis (bis zu 2000 "gewöhnliche" Siemensianer) sei via Betriebsvereinbarung in die Pensionskasse transferiert worden, saftige Nachzahlungen seien daher ausgeschlossen. Eine Rückstellung in dieser Höhe aus dem Titel wäre überzogen, wohl aber steuerlich günstig.

Ergebnis geschmolzen

Die Vorsorgen drückten naturgemäß das durch Wirtschafts- und Finanzkrise und den Korruptionsskandal belastete Ergebnis. Der Gewinn (EGT) schrumpfte auf rund 90 Millionen Euro, 2008 betrug das EGT 254,6 Mio. Euro.

Den Karrieren von Siemens-Chefin Brigitte Ederer und Finanzchef Reinhard Pinzer fügte dies nur leichte Kratzer zu: Ihre Vorstandsverträge wurden im Dezember um drei Jahre verlängert. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9./10.1.2010)