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US-Finanzminister Timothy Geithner holte als Chef der New York Fed 2008 die Kohlen aus dem Feuer. Intransparente Vorgänge bei der AIG-Rettung brachten Wallstreet-Banken hohe Gewinne.

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Die New Yorker Zentralbank soll bei der Übernahme des Versicherungskonzerns American International Group schwere Verfehlungen begangen haben. Zu viel Geld sei intransparent an Banken verteilt worden.

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New York / Wien - US-Finanzminister Timothy Geithner steht für seine Rolle im Debakel um den US-Versicherungskonzern American International Group (AIG) unter Beschuss. Dokumente, die der republikanische Abgeordnete Darrell Issa erhalten hat, belegen, dass die New Yorker Notenbank aktiv versuchte, Details der AIG-Rettung auch vor anderen Behörden geheim zu halten. AIG wurde zwischen September und Dezember 2008 mit mehr als 150 Mrd. Dollar (104 Mrd. Euro) von der New Yorker Federal Reserve (Fed) gestützt, Geithner war damals Chef der mächtigsten, regionalen Notenbank.

Notenbanker bremsten Mitarbeiter

Dokumente zum E-mail-Verkehr belegen eine untypische Rollenverteilung in der Abwicklung der AIG-Rettung. Mitarbeiter des Versicherers plädierten für die Offenlegung der Vorgänge, wurden aber von den Notenbankern gebremst. Die Fed wollte folgenden Punkt im Dunkeln lassen: AIG hat ein Gros des eingeschossenen Kapitals genutzt, um aus Verträgen mit Wallstreetbanken und europäischen Geldinstituten auszusteigen. Kurz vor der Rettung durch die Fed verhandelte AIG laut Unternehmenskreisen über eine Verteilung der Lasten: 40 bis 50 Prozent des Verlusts auf das 62 Milliarden Dollar schwere Portfolio sollten von dem strauchelnden Konzern getragen werden, 50 bis 60 Prozent von den Banken (die größten Positionen hatten Goldman Sachs, Merrill Lynch, Société Générale und Deutsche Bank). Nach der Übernahme durch die Fed hat AIG den gesamten Verlust übernommen.

Die Behörde unter der Leitung des heutigen US-Finanzministers drängte in den Folgemonaten darauf, in Memos an Investoren und Behörden, diese generöse Geldspritze an die Banken zu verschweigen, die keine Verluste auf die riskanten Kreditderivate (Credit Default Swaps) erlitten.

Heikle Details entfernt

So wurden von Notenbankern Änderungen an den Finanzberichten vorgenommen, wobei Absätze entfernt wurden, die den Geldfluss an die Banken spezifizierten. Auch Details zu weiteren Verhandlungen mit Banken wurden gestrichen. Während das Finanzministerium in einer offiziellen Stellungnahme eine Beteiligung Geithners an den Vorgängen bestritt, fordern auch demokratische Abgeordnete, dass Geithner im Bankenausschuss zu dem Thema aussagt.

Bei den Produkten, die AIG im September 2008 in den Ruin getrieben haben, handelt es sich um strukturierte Papiere auf Hypotheken- und andere Schuldpapiere (siehe dazu auch Artikel unten rechts). Der Versicherungskonzern trat dabei quasi als Versicherer dieser Wetten auf. Als die Kreditausfälle 2007 und 2008 stiegen, schlitterte AIG in die Pleite. (Lukas Sustala, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9./10.1.2010)