London - Die altehrwürdige medizinische Fachzeitschrift "The Lancet" hat China ermahnt, bei der Veröffentlichung wissenschaftlicher Studien einen besseren Schutz gegen Betrug sicherzustellen. Damit das Ziel von Präsident Hu Jintao glaubhaft sei, "China bis 2020 zur Forschungssupermacht zu machen", müsse die Volksrepublik mehr "wissenschaftliche Lauterkeit" zeigen, heißt es in der jüngsten Ausgabe der wöchentlich erscheinenden britischen Zeitschrift. "The Lancet" verwies auf den Fall von zwei chinesischen Forschergruppen, die 2007 dutzende Studien zur Materialforschung veröffentlicht hatten, die sich jüngst als gefälscht erwiesen. Chinesische Forscher standen 2008 weltweit bereits für 11,5 Prozent aller wissenschaftlichen Veröffentlichungen.
Die des Betrugs überführten Wissenschafter aus China hatten behauptet, 70 neue Kristrallstrukturen erfunden zu haben. Studien dazu wurden in dem Fachblatt "Acta Crystollographica Section E" veröffentlicht. Dieses hatte im Dezember nachträglich eingestanden, dass sie gefälscht waren. Die chinesischen Autoren hatten demnach nicht selbst geforscht, sondern in ihren Beschreibungen bei den Strukturen bekannter Materialien einfach nur ein oder zwei Atome augetauscht, so dass diese als neu erschienen. Der Betrug fiel zwei Jahre später nur wegen eines Computerprogramms auf, das molekulare Strukturen verglich.
"Acta Crystollographica Section E" verwies darauf, dass die Studien vor Veröffentlichung durch andere Wissenschafter "im Detail und ausführlich" geprüft worden seien. Doch die sogenannte "peer review" durch andere Forscher hat auch in der Vergangenheit Fachblätter nicht vor Betrugsskandalen bewahrt. Der bekannteste Fall ist der um den südkoreanischen Klonforscher Hwang Woo-Suk, der mit seinen angeblichen Durchbrüchen bei der Stammzellenforschung 2004 und 2005 nicht nur die US-Zeitschrift "Science" narrte, sondern praktisch die gesamte Fachwelt. (APA/red)