Nachher ist man natürlich immer klüger. Aber rund um den Entführungsfall Natascha Kampusch ist doch bemerkenswert viel schiefgelaufen. Die Pannen bei den Polizeiermittlungen, die bei derart umfangreichen Kriminalfällen fast schon systemimmanent sind, waren in dieser Hinsicht nur der Auftakt.

Der eigentliche Skandal war, dass später von höchster Stelle alles unternommen wurde, Ermittlungsfehler unter der Decke zu halten, um in politisch brisanten Zeiten kein negatives Aufsehen zu erregen. Verbrechen ist das keines, aber es steht stellvertretend dafür, wie Beteiligte versuchten, ihr eigenes Süppchen zu kochen. Was schließlich auch den Direktor des Bundeskriminalamtes, Herwig Haidinger, zu Fall gebracht und die Untersuchungskommission samt U-Ausschuss hervorgebracht hat.

Überhaupt hat man den Eindruck, dass in der Causa zu viele Personen mitgemischt und laut gedacht haben. Der anfängliche Beraterstab von Natascha Kampusch war offenbar nicht einig, ob man die junge Frau völlig abschirmen oder finanziell verlockende Angebote der Weltpresse annehmen soll. Herausgekommen ist ein bis heute unentschlossener Slalom. Dass es auch nach dem jüngsten Ermittlungsbericht eine Fortsetzung geben wird, ist wahrscheinlich. Für den Cliffhanger hat Oberstaatsanwalt Werner Pleischl schon gesorgt: "Wir wissen nicht alles." (Michael Simoner, DER STANDARD Printausgabe, 09./10.01.2010)