Mit dem Sensorsturzhelm gegen ADHS.

Foto: University of Hertforshire

In Großbritannien wird der Hyperaktivitätsstörung bei Kindern mit einem Computerspiel-System der Kampf angesagt. Der Trick bei "Play Attention" ist, dass Kinder die Games nur dann steuern können, solange sie sich einer Hirnstrommessung zufolge auch konzentrieren.

Kinder und deren Impulsivität

"Die Play Attention-Methode könnte langfristige Probleme verhindern, indem sie Kindern hilft, weniger impulsiv zu sein", sagt Karen Pine, Psychologieprofessorin an der University of Hertfortshire. Das Team der Wissenschaftlerin hat das System der Non-Profit-Organisation Games for Life  mithilfe von zehn Kindern getestet und konnte nachweisen, dass die Symptome einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) damit tatsächlich reduziert werden können. Im Laufe des Monats soll das System nun in Großbritannien zum breiteren Einsatz gebracht werden.

Spielen nur bei Konzentration

Während ein Kind sich mit Play Attentions Lernspielen beschäftigt, trägt es einen Helm ähnlich einem Fahrradsturzhelm. "Sensoren im Helm überwachen thalamokortikale Rhythmen, die mit Aufmerksamkeit zusammenhängen. Aufmerksamkeitsänderungen zeigen sich durch typische EEG-Frequenzmuster", erklärt Pine gegenüber pressetext. Die Kopfbedeckung stört die Nutzer offenbar nicht. "Die Kinder mögen den Helm sogar", meint Ian Glasscock, Managing Director bei Games for Life.

Stirnband als Alternative

Dennoch sei für dieses Jahr eine Stirnbandlösung als Alternative geplant. Das therapeutische Prinzip ist einfach: Wenn das Kind mit den Gedanken abschweift, hält das Spiel an - um wirklich Spielspaß zu haben, muss sich das Kind also wirklich konzentrieren. Im Rahmen der Studie haben die zehn Probanden in einem zwölfwöchigen Zeitraum je dreimal pro Woche für eine halbe Stunde Play Attention genutzt. Der gewünschte Erfolg hat sich dabei eingestellt: Die Kinder legten weniger impulsives Verhalten an den Tag als eine Vergleichsgruppe, die das System nicht genutzt hat. "Gedankengesteuerte Lernspiel-Technologie ist die einzige Form der Intervention, die nachweislich die Kernsymptome von ADHS lindert, wenn einem Kind bisher vielleicht Medikamente verschrieben worden wären", freut sich daher Glasscock.

Zukunftspotenzial

Play Attention, das in den USA schon an rund 450 Standorten zum Einsatz kommt, soll aber nicht nur in Großbritannien mehr Verbreitung finden. Auch an weiteren internationalen Kooperationen gibt sich Glasscock interessiert. Außerdem soll das System noch merklich weiterentwickelt werden. "Wir untersuchen derzeit, ob das System so angepasst werden kann, dass es nicht nur misst, ob sich das Kind konzentriert, sondern auch, auf welchen von zwei Stimuli auf dem Bildschirm der Fokus gerichtet ist", sagt Pine. Dadurch könnten Kinder mit gröberen physischen oder neurologischen Einschränkungen, die das Benutzen von Maus oder Joystick schwer machen, Auswahlaufgaben gestellt werden. "Ein gedankengesteuertes System bietet enormes Potenzial, solchen Kindern bessere Kontrolle über Computer zu ermöglichen, als Hilfsmittel bei Lernen und Spielen, sowie zu Zwecken der Beurteilung", betont die Psychologin. (pte)