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"Gefährdete Personengruppen, wie Taxifahrer, Trafikanten, Ärzte, die Drogentransporte durchführen, sollten automatisch Anspruch auf einen Waffenpass haben", so Vilimsky.

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Ein Teil der mehr als 600 Waffen, die die Kärntner Polizei im Bezirk Klagenfurt Anfang 2009 beschlagnahmte: "In Österreich gibt es eine große Zahl an freien Waffen, und die können wir nicht überprüfen", so das Innenministerium.

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Bis vor zwei Wochen wollte die deutsche Bundesregierung abrüsten. Nicht die Bundeswehr, sondern die Haushalte. Eine Amnestie schützte bis Ende des vergangenen Jahres die Besitzer von illegalen Schusswaffen: Wer seine unrechtmäßig besessenen Pistolen, Gewehre und Revolver bei der Polizei oder beim Landratsamt (in Österreich: Bezirkshauptmannschaft) abgab, kam straffrei davon. Nun, ab 2010, müssen illegitime Waffenbesitzer in Deutschland mit Konsequenzen rechnen.

Der Auslöser für die Verschärfung des deutschen Waffenrechts war der Amoklauf von Winnenden - im März 2009 hatte ein 17-jähriger Schüler 15 Menschen ermordet. Ein zentraler Punkt der Novelle: Nun können die Waffenbehörden - also Landratsämter und Polizei - jederzeit und ohne konkreten Verdacht die sorgfältige Aufbewahrung von erlaubnispflichtigen Schusswaffen und Munition überprüfen.

Österreich prüft alle fünf Jahre

Menschen mit einer Waffenbesitzkarte regelmäßig zu überprüfen, ist in Österreich bereits Praxis. Wer eine Schusswaffe haben will, der muss in Österreich "verlässlich" sein, wie es im Juristen-Deutsch heißt: "Die Behörde hat die Verlässlichkeit des Inhabers eines Waffenpasses oder einer Waffenbesitzkarte zu überprüfen, wenn seit der Ausstellung der Urkunde oder der letzten Überprüfung fünf Jahre vergangen sind."

Diese Überprüfung erfolgt zwar unangemeldet, "aber der Waffenbesitzer kann sich ausrechnen, wann die Behörde vorbeikommt", sagt Walter Grosinger, Rechtsexperte im Innenministerium zu derStandard.at. "Der Waffenbesitzer muss seinen Waffenpass zeigen und wie er die Waffe aufbewahrt. Wenn er sich weigert, dann ist das ein Indiz dafür, dass er nicht verlässlich ist." In diesem Fall greift die Behörde - Bundespolizeidirektion oder Bezirkshauptmannschaft - ein und entzieht den Waffenpass.

"Sicher nicht genug" Kontrollen

Die Grünen finden diese Regelung nicht ausreichend. Sie fordern, SPÖ und ÖVP sollen sich bei der Kontrolle der Aufbewahrung von Waffen am deutschen Beispiel orientieren. "Alle fünf Jahre zu kontrollieren ist sicher nicht genug", so Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser zu derStandard.at. Er mahnt vielmehr jährliche Kontrollen der Aufbewahrung ein sowie in regelmäßigen Abständen psychologische Kontrollen. Wer in Österreich einmal eine Waffe bekommt, sagt Steinhauser, werde praktisch kaum mehr kontrolliert.

"Mehr legale Waffen machen ein Land sicherer"

Am anderen Spektrum der politischen Diskussion findet sich die Interessengemeinschaft für ein liberales Waffenrecht (IWÖ), deren Generalsekretär Georg Zakrajsek einmal mehr bekräftigt, neue gesetzliche Barrieren seien kontraproduktiv, weil ohnehin "so gut wie kein Verbrechen" mit legalen Waffen verübt werde. Während die deutsche Regierung in ihrer jüngsten Novelle dem Credo folgte "Je weniger Waffen, desto sicherer die Gesellschaft", beharrt Zakrajsek auf dem Gegenteil. Tenor der IWÖ: Immer mehr legale Waffen machen ein Land kontinuierlich sicherer.

Auch wenn sich über diese Ansicht streiten lässt, eines scheint unbestritten: Wie Experten schon seit Jahren verlautbaren, spielen legale Waffen bei Straftaten eine geringe Rolle. Sie machen lediglich etwa zwei bis drei Prozent aller im Zusammenhang mit Straftaten sichergestellten Schusswaffen aus. Das Hauptproblem stellt der Bestand an illegalen Schußwaffen dar.

"Automatisch Anspruch auf einen Waffenpass"

"Das kann ich voll und ganz unterschreiben", sagt Harald Vilimsky, Sicherheitssprecher der FPÖ über Zakrajsek Aussagen. Diese fordert seit Jahren eine Lockerung des Waffengesetzes: "Gefährdete Personengruppen, wie Taxifahrer, Trafikanten oder Ärzte, die Drogentransporte durchführen, sollten automatisch Anspruch auf einen Waffenpass haben", so Vilimsky.

Das BZÖ findet das österreichische Waffengesetz relativ streng und sieht keinen Veränderungsbedarf. Hinter Verbrechen mit Schußwaffen ortet Peter Westenthaler, Sicherheitssprecher der Orangen eher ein Versagen des Innenministeriums als eines des Waffengesetzes. SPÖ und ÖVP sehen keinen Änderungs- oder Handlungsbedarf.

Zahl der Waffen unschätzbar

Genaue Zahlen über vorhandene Waffen liegen weder für Deutschland noch Österreich vor. Das deutsche Innenministerium schätzt, dass unter den 82 Millionen Deutschen 45 Millionen Waffen im Umlauf sind - davon wurde die Hälfte illegal besorgt.

In Österreich ist die Situation noch unübersichtlicher. Wie viele Waffen hier im Umlauf sind, lässt sich nicht sagen. Denn sind sogenannte Langwaffen mit glattem Lauf, zum Beispiel Schrotflinten, weder genehmigungs- noch meldepflichtig. "Deutschland schreibt für mehr Waffen Registrierungen vor", bestätigt Innenministeriums-Experte Grosinger.

"Können wir natürlich nicht überprüfen"

"In Österreich gibt es ja eine große Zahl an freien Waffen, und die können wir natürlich nicht überprüfen." Knapp 300.000 Besitzer von Waffendokumenten gibt es in Österreich. Man unterscheidet zwischen Waffenbesitzkarten - berechtigen dazu, eine Waffe zu besitzen - und einem Waffenpass, der zum Tragen einer Waffe berechtigt.

Aber während die Zahlen in den Jahren 1999 bis 2009 kontinuierlich sanken, sind sie jetzt wieder im Steigen: Allein in Wien wurden 2009 um 41 Prozent mehr Waffenbesitzkarten und um 17,7 Prozent mehr Waffenpässe ausgestellt, wie die zuständige Polizeibehörde verlautbarte. (Saskia Jungnikl und Lukas Kapeller, derStandard.at, 13.1.2010)