Cabinda/Nairobi - Eine Milliarde US-Dollar ließ Angolas Regierung es sich kosten, der Welt das neue Angola zu präsentieren: für Afrikas Fußball-Meisterschaft, den "Africa Cup of Nations" , wurden brandneue Stadien gebaut, außerdem Straßen, Hotels und neue Krankenhäuser. Nicht einmal acht Jahre nach Ende eines 27-jährigen Bürgerkriegs, während dessen mindestens 300.000 Menschen starben, wollte Angola beweisen, dass Frieden herrscht. Doch eine Rebellengruppe machte alle Ambitionen zunichte.

Es war am Freitagabend, die Busse der Nationalmannschaft von Togo hatten gerade die Einreiseformalitäten an der kongolesisch-angolanischen Grenze abgeschlossen. Die meisten Spieler dösten vor sich hin. Vollkommen unerwartet, so berichten die Fußballer, habe eine Gruppe maskierter Männer auf einmal das Feuer eröffnet. "Sie haben mit Maschinengewehren auf uns geschossen wie auf Hunde" , erinnert sich Thomas Dossevi, der in Frankreich für den FC Nantes spielt. "Wir haben uns unter den Sitzen versteckt, während die Kugeln um uns her pfiffen." Eines der ersten Opfer war der Busfahrer, berichtet Teamkapitän Emmanuel Adebayor. "Keiner konnte uns da rausbringen, wir waren gefangen im Bus, es war das Schlimmste, was ich jemals erlebt habe." Eine halbe Stunde dauerte das Feuergefecht zwischen Rebellen und Polizisten, bis die Spieler flüchten konnten. "Jeder hat geweint, wir haben unsere Mütter angerufen und letzte Gebete gesprochen: Wir waren überzeugt, dass wir sterben müssen" , so Adebayor. Drei Menschen starben, neben dem Busfahrer der Assistenztrainer Abolo Amelete und Pressesprecher Stanislas Ocloo, sieben wurden verletzt. Reservetorhüter Kodjovi Obilale wurde nach Südafrika geflogen und dort auf der Intensivstation behandelt - Ärzte beschrieben seinen Zustand Sonntag als kritisch, aber stabil.

"Wir werden nach Hause zurückkehren, nachdem unsere Regierung uns dazu aufgefordert hat" , sagte Adebayor am Sonntag dem französischen Rundfunk. Togos Premierminister Gilbert Houngbo gab den Ausschlag. "Wir haben seit dem Terroranschlag nichts von der Afrikanischen Fußballkonföderation gehört, kein Wort, nicht einmal Beileidsbekundungen" , so Houngbo wütend. "Es wäre unverantwortlich zu bleiben, nur damit die Show weitergeht."

Angolas Regierung weist solche Vorwürfe weit von sich - vermutlich auch, um die millionenschwere ‚Show‘ nicht zu gefährden. Schuld hätten die Togoer, die nicht geflogen, sondern mit dem Bus angereist seien.

Die angolanische Exklave Cabinda, wo sich der Anschlag ereignete, gilt als eine der unsichersten Gegenden des Exbürgerkriegsstaats. Sie hat keine Landverbindung zum Mutterland, im Norden liegt die Republik Kongo, im Süden die Demokratische Republik Kongo. Dennoch ist Cabinda so bedeutend für Angola wie kaum eine andere Provinz: Die Hälfte der Ölförderung von Afrikas größtem Ölexporteur stammt aus der winzigen Provinz, in der ausländische Ölfirmen mit Zäunen und Wachleuten vor der verarmten Bevölkerung geschützt sind. Jenseits der gleichnamigen Provinzhauptstadt erstreckt sich vor allem Urwald, in dem sich die letzten Rebellen der Front für die Befreiung Cabindas (FLEC) unentdeckt verstecken können. Auch wenn die Zahl ihrer Kämpfer auf allenfalls ein paar hundert geschätzt wird, ist die Sympathie für ihre Forderungen in Cabinda groß: Autonomie wollen die Rebellen, vor allem aber einen größeren Anteil der Ölgewinne, um die vernachlässigte Provinz zu entwickeln.

Abkommen wertlos

Ein 2006 geschlossenes Friedensabkommen wird von vielen, unter anderem von der katholischen Kirche in der Provinz, als wertlos abgelehnt. Antonio Bento Bembe, einst selbst Rebellenführer und inzwischen Minister, hatte die Austragung des Africa Cups in Cabinda zwar als ein Zeichen dafür gelobt, dass auch in der Exklave Frieden herrsche. Nach dem Anschlag aber ist unklar, ob überhaupt in Cabinda gespielt werden wird. Womöglich werden alle neun geplanten Partien in die Hauptstadt Luanda verlegt. (Marc Engelhardt, DER STANDARD Printausgabe 10.1.2009)