Im Nachhinein ist es natürlich einfach, die Schweinegrippe als matte Sache abzutun, die eh mild verläuft und in erster Linie der Profitgier milliardenschwerer Pharmakonzerne zugutekam. Vor wenigen Monaten, als die Pandemie auf Europa zurollte, sah das ganz anders aus. Da wäre als gemeingefährlich qualifiziert worden, wer sich dem Ruf nach flächendeckenden Impfmöglichkeiten verweigert hätte.

Heute kommt eine Studie der Uni Marseille zu dem Schluss, dass Millionen Erkrankter überhaupt nicht bemerkt haben dürften, dass sie dem Virus anheimgefallen sind: Ein bissl Halsweh, vielleicht ein Schnupfen mit Kitzeln in der Nase - in den meisten Fällen war's das auch schon.

Was aber mehr als merkwürdig erscheint, ist das Verhalten von Margaret Chan, der Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation. Im Juni hatte sie die höchste Pandemie-Warnstufe ausgerufen. Schulen blieben geschlossen, Millionen Menschen trauten sich zur Urlaubszeit nicht aus dem Haus. Die WHO empfahl flächendeckende Impfaktionen.

Als jetzt bei Chan nachgefragt wurde, wann denn sie selbst sich impfen ließ, fiel die Antwort aber so aus, dass man den Verschwörungstheoretikern kaum böse sein kann, die ein Komplott raffgieriger Ärzte und Pharmafirmen vermuten: "Ich war gerade auf Urlaub und muss mich erst erkundigen, wo und wie ich mich impfen lassen kann". (corti, DER STANDARD - Printausgabe, 11. Jänner 2010)