Finanzminister Josef Pröll will, dass der Bund hundert Prozent an der Österreichischen Nationalbank übernimmt.

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Finanzminister Josef Pröll startet einen neuen Anlauf, die Nationalbank zu hundert Prozent zu verstaatlichen. Von der SPÖ bekommt er dafür volle Unterstützung. Die Banken und Interessenvertretungen reagieren aber abwartend.

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Josef Pröll möchte auf Einkaufstour gehen. Der Finanzminister gab am Montag bei der ÖVP-Klausur im niederösterrei- chischen Altlengbach bekannt, dass er die Nationalbank (OeNB) zu hundert Prozent in Staatsbesitz übernehmen will. Derzeit besitzt der Bund nur rund 70 Prozent, der Rest verteilt sich auf Banken, Versicherungen und Interessenvertretungen.

Ganz neu ist der Vorschlag freilich nicht. Aus der SPÖ waren bereits wiederholt Rufe nach einer Verstaatlichung der OeNB gekommen. Und auch Prölls Vorgänger Wilhelm Molterer deponierte Ende 2007 bereits den Wunsch nach 100-Prozent-Eigentum bei der Nationalbank.

Damals hatten sich die Eigentümerverhältnisse durch die Bawag- und ÖGB-Desaster verändert. Ursprünglich besaß der Bund nämlich nur 50 Prozent. 20 Prozent wurden Bawag und ÖGB 2006 abgekauft.

Pröll meint nun, die Beteiligung von Privaten an der OeNB habe in der heutigen Finanzwelt "nichts mehr verloren" . Es könne nicht sein, dass Banken, die von der OeNB kontrolliert werden, selbst Anteile an der OeNB halten. Zuletzt hatte die Nationalbank wegen ihrer Gutachten über den Zustand der Hypo für Diskussionen gesorgt.

Pröll will für den Kauf rund 50 Mio. Euro aufwenden. Zum Vergleich: Der Nominalwert der OeNB liegt nur bei zwölf Mio. Euro, der 30-Prozent-Anteil wäre also eigentlich nur 3,6 Mio. Euro wert. Die Bereitschaft zur Überzahlung erklärte Pröll damit, dass man auch ÖGB und Bawag einen höheren Wert bezahlt habe.

Vonseiten der Opposition, aber auch vom Koalitionspartner SPÖ wurde der Pröll-Vorstoß begrüßt. "Es ist positiv, dass sich Pröll unserer Forderung anschließt" , sagte Finanzstaatssekretär Andreas Schieder zum Standard. Das könne aber nur "ein Baustein" bei der Neuordnung des Finanzsystems sein. Er erneuerte seine Forderungen nach einem Bankeninsolvenzrecht, einem Bankenfonds zur Absicherung künftiger Krisen und die Abschaffung der Spekulationsfrist bei Aktiengeschäften.


Gegen den Willen der Banken


Unklar ist noch, ob die Pläne zur Übernahme der OeNB-Anteile diesmal erfolgreich umgesetzt werden können. 2007 hatte es noch massiven Widerstand von Raiffeisen gegeben. "Wir haben keine Veranlassung, die Aktien zu verkaufen" , sagte Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad damals. Nun signalisiert man zumindest Verhandlungsbereitschaft: "Die RZB ist sicher gesprächsbereit, wenn auch die anderen Aktionären ihre OeNB-Anteile verkaufen" , sagte Raiffeisen-Sprecher Andreas Ecker. Ähnlich äußerte man sich bei der Uniqa-Versicherung und der Industriellenvereinigung. Es komme nur auf den Preis an, der bezahlt werde, heißt es.

Offene Skepsis ließ die Wirtschaftskammer durchblicken. Man habe derzeit "keine Veranlassung" , die Anteile zu verkaufen, sagte Generalsekretärin Anna Maria Hochhauser. Da die Kammer nicht von der OeNB kontrolliert werde, sei das Argument der Bankenkontrolle hier nicht gegeben. OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny wollte den Vorschlag inhaltlich nicht kommentieren. Zentrales Element aus Sicht der OeNB sei jedenfalls ihre "volle Unabhängigkeit" .

Der Finanzwissenschafter Werner Doralt hält den Pröll-Vorschlag im Gespräch mit dem Standard grundsätzlich für richtig, "weil die Nationalbank auch Kontrollrechte am Kapitalmarkt hat" . Er hält es aber nicht für sinnvoll, die Anteile für ein Mehrfaches des Nominalwertes zu kaufen. Schließlich sei der Wert der OeNB kein klassischer Firmenwert, sondern ein "vom Staat verliehener Wert" . Widerstand der Banken muss für Doralt kein Argument gegen den Kauf sein. Es sei auch eine klassische Verstaatlichung gegen den Willen der Privateigentümer möglich. Sachlich sei das durchaus zu begründen, sagt er.

Bekannt gegeben wurde von Pröll auch, dass es rund zwei Millionen Euro zusätzlich für die Justiz gibt. Damit können 35 Staatsanwälte angestellt werden. Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SP) möchte den Stellenplan aber nicht aufschnüren. Sie plädiert dafür, Personal vom Finanzministerium umzuschichten. (Günther Oswald, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.01.2009)