Graz/Wien - Dem Entstehungsrund des "Charcot-Marie-Tooth (CMT)-Syndroms" sind Wissenschafter um Michaela Auer-Grumbach vom Institut für Humangenetik der Medizinischen Universität Graz näher gerückt. Sie haben ein weiteres Gen - bzw. dessen Mutation - als Ursache ausgeforscht. CMT gehört zu den häufigsten erblichen Erkrankungen der peripheren Nerven. Statistisch gesehen ist eine Person von 2.500 betroffen.

Polyneuropathien, zu denen das CMT-Syndrom zählt, können zu Gehproblemen und feinmotorischen Störungen in den Händen führen. Als häufige Ursachen gelten Diabetes, Alkoholmissbrauch, Gifte oder Infektionen. "In den letzten Jahren kristallisierte sich immer mehr heraus, dass Polyneuropathien weitaus häufiger als bisher angenommen familiär gehäuft auftreten und vererbt werden", erklärte Auer-Grumbach.

Vererbliche Polyneuropathien werden auch als Charcot-Marie-Tooth-Syndrom bezeichnet. Mit einer Prävalenz von 1 pro 2.500 Einwohner ist das die häufigste neurogenetische Erkrankung.

Zurückbildung der Muskulatur

Charakteristisch für das CMT-Syndrom ist eine zunehmende Schwäche von Händen und Füßen, die sich auch auf Arme und Beine ausbreiten kann. Die Nervenerkrankung hat zur Folge, dass die Muskulatur nicht mehr genügend Impulse bekommt und sich zurückbildet. Die Beschwerden beginnen meist im Kindesalter und können sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Auch innerhalb betroffener Familien werden oftmals leichte und schwere Verlaufsformen nebeneinander beobachtet.

Gen auf Chromosom 12 lokalisiert

In den 1980er Jahren begann die Erforschung der genetischen Ursachen der Erkrankung. Mittlerweile wurde eine Vielzahl von Mutationen ausgeforscht, welche das klinische Bild einer erblichen Polyneuropathie hervorrufen können. Betroffen sind etwa Gene auf den Chromosomen sieben oder 17. Das neu entdeckte Gen trägt den Namen TRPV4 und ist auf dem langen Arm des Chromosoms 12 lokalisiert. Wie sich zeigte, produziert dieses Gen ein Kalzium-Ionenkanalprotein. Aufgabe dieses Proteins ist unter anderem die Regulation des zellulären Kalziumgleichgewichts als Antwort auf eine Vielzahl äußerer Reize.

Die Arbeiten der Grazer Wissenschafter wurden vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützt und kürzlich in der Wissenschaftszeitschrift "Nature Genetics" veröffentlicht. Neben der Aussicht auf neue Behandlungsansätze erhoffen sich die Forscher durch die neuen Erkenntnisse auf eine raschere, verbindliche Diagnose. (APA)