Wien  - In Österreich sind Gründe für die Inhaftierung von Personen im Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit festgelegt und explizit angeführt.

Darunter fällt unter anderem der Verdacht oder die Verurteilung einer strafbaren Handlung, Flucht- oder Tatwiederholungsgefahr, mögliche Beeinträchtigung von Beweismitteln, Gefährdung durch ansteckende Krankheiten oder psychische Erkrankung sowie die Sicherung einer beabsichtigten Auslieferung oder Ausweisung. Im Folgenden die wichtigsten Passagen im Wortlaut:

"Artikel 1

(1) Jedermann hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit).

(2) Niemand darf aus anderen als den in diesem Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen oder auf eine andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden.

(3) Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nur gesetzlich vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist; die persönliche Freiheit darf jeweils nur entzogen werden, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht.

(4) Wer festgenommen oder angehalten wird, ist unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person zu behandeln und darf nur solchen Beschränkungen unterworfen werden, die dem Zweck der Anhaltung angemessen oder zur Wahrung von Sicherheit und Ordnung am Ort seiner Anhaltung notwendig sind.

Artikel 2

(1) Die persönliche Freiheit darf einem Menschen in folgenden Fällen auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:

1. wenn aufgrund einer mit Strafe bedrohten Handlung auf Freiheitsentzug erkannt worden ist;

2. wenn er einer bestimmten, mit gerichtlicher oder finanzbehördlicher Strafe bedrohten Handlung verdächtig ist,

a) zum Zwecke der Beendigung des Angriffes oder zur sofortigen Feststellung des Sachverhalts, sofern der Verdacht im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Tat oder dadurch entsteht, dass er einen bestimmten Gegenstand innehat,

b) um ihn daran zu hindern, sich dem Verfahren zu entziehen oder Beweismittel zu beeinträchtigen, oder

c) um ihn bei einer mit beträchtlicher Strafe bedrohten Handlung an der Begehung einer gleichartigen Handlung oder an der Ausführung zu hindern;

3. zum Zweck seiner Vorführung vor die zuständige Behörde wegen des Verdachtes einer Verwaltungsübertretung, bei der er auf frischer Tat betreten wird, sofern die Festnahme zur Sicherung der Strafverfolgung oder zur Verhinderung weiteren gleichartigen strafbaren Handelns erforderlich ist;

4. um die Befolgung einer rechtmäßigen Gerichtsentscheidung oder die Erfüllung einer durch das Gesetz vorgeschriebenen Verpflichtung zu erzwingen;

5. wenn Grund zur Annahme besteht, dass er eine Gefahrenquelle für die Ausbreitung ansteckender Krankheiten sei oder wegen psychischer Erkrankung sich oder andere gefährde;

6. zum Zweck notwendiger Erziehungsmaßnahmen bei einem Minderjährigen;

7. wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern.

(2) Niemand darf allein deshalb festgenommen oder angehalten werden, weil er nicht in der Lage ist, eine vertragliche Verpflichtung zu erfüllen."

In Zusammenhang mit dem Vorschlag von Innenministerin Maria Fekter, Asylwerber im Abklärungsverfahren einer "Anwesenheitspflicht" im Erstaufnahmezentrum zu unterwerfen, verweisen Verfassungsexperten auch auf eine Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) aus den 90er-Jahren. Der VfGH kippte damals eine Passage aus dem Asylgesetz, da er die Persönliche Freiheit dadurch verletzt sah. Wörtlich hieß es darin: "Wenn es für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes notwendig erscheint, kann der Asylwerber (...) bis zum Abschluss des Feststellungsverfahrens, längstens jedoch für die Dauer von zwei Monaten, von der Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde von dieser, zum Aufenthalt in dem als Überprüfungsstation einzurichtenden Teil des Flüchtlingslagers Traiskirchen verpflichtet und den zum Zwecke der Überstellung dorthin erforderlichen Bewegungsbeschränkungen unterworfen werden." Die Passage wurde damals vom VfGH gekippt, nachdem keine Gründe vorlagen, die diesen Eingriff in den Schutz der Persönlichen Freiheit rechtfertigen. (APA)