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Die vorsichtigen Erholungstendenzen in Osteuropa sehen die Analysten der Erste Group auch im Jahr 2010 nicht gefährdet.

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Der Aufwärtstrend an den Börsen Ost- und Südosteuropas bleibt im kommenden Vierteljahr zwar erhalten, wird sich aber abschwächen, davon sind die Analysten der Erste Group überzeugt. Bei der Präsentation des CEE-Marktausblicks für das erste Quartal des Jahres 2010 am Montag in Wien sieht Erste-Chefanalyst Friedrich Mostböck in dieser Abschwächung aber keineswegs einen Grund zur Besorgnis. Die Stimmungs- und vor allem die Liquiditätslage in der Region seien gut, für 2010 sei daher genügend weiteres Aufwärtspotenzial vorhanden.

Henning Eßkuchen, Co-Head of CEE Equity Research bei der Erste Group, führt die Frühindikatoren der OECD an, die bereits einen deutlichen Wendepunkt markiert hätten - womit sich auch bestätige, dass der Aufschwung in CEE keineswegs nur Fiktion sei. Die CEE-Börsen hätten im März 2009 zu einer kräftigen Rallye angesetzt. Zuvor waren es vor allem die verheerenden Berichte der Ratingagenturen, die zu einer enormen Risikoaversion geführt und letztendlich auch eine Erholung stark gebremst hätten. Der Rückstrom von Liquidität in die Börsen Ost- und Südosteuropas und eine Verbesserung der Stimmungslage sorgten weiters für eine positive Marktbewegung.

Betont wird einmal mehr, dass es dabei große Unterschiede zwischen den Ländern gebe. Die Erholung der Fundamentaldaten habe beispielsweise in Asien viel früher ihren Niederschlag gefunden als in der Eurozone oder dem CEE-Raum, so Eßkuchen. Der Erste-Analyst macht aber auch noch weitere Luft nach oben aus, ein Aufwärtspotenzial, das im Laufe des Jahres 2010 realisiert werden kann. "Wirtschaftlich bleiben die CEE-Märkte zweigeteilt. Jene Märkte, die schon früher die Talsohle erreicht hatten - wie die Tschechische Republik oder die Slowakei -, sollten 2010 bessere Wachstumszahlen melden können. Rumänien und Ungarn haben den Tiefpunkt erst später erreicht und werden daher auch beim Wachstum nachhinken", meint Eßkuchen. Jedenfalls werde der CEE-Raum im Gesamtjahr 2010 bessere Zahlen als die Eurozone schreiben.

Für Rumänien haben die Erste-Analysten ein Kurspotenzial von 77 Prozent errechnet. Das zweithöchste Kurspotenzial wird Russland mit 49 Prozent zugetraut. Der potenzielle Top-Performer sei allerdings stark von der Entwicklung eines einzigen Rohstoffes, nämlich Erdöl, abhängig. An der Wiener Börse sowie an den Börsen in Tschechien, der Türkei, in Polen und Kroatien könnten die Kursgewinne zwischen 20 und 30 Prozent liegen. Slowenien und Ungarn bilden die Schlusslichter der untersuchten Länder, für die Budapester Börse wurde sogar ein Minus von drei Prozent errechnet.

Fallstricke und Risiken

In einer Art "Worst Case"-Szenario haben sich die Erste-Analysten auch die möglichen Fallstricke für die Aktienmärkte im Jahr 2010 angesehen und dabei drei zentrale Themen herausgearbeitet: Erstens das deutliche Ansteigen der Verschuldung der öffentlichen Hand. Die Erholung des letzten Jahres sei in großem Ausmaß durch die Verschiebung von privater hin zu staatlicher Verschuldung gestützt worden, meint CEE-Analyst Gerald Walek. "Je länger dieser Trend hält, ohne dass es eine merkbare Erholung des privaten Sektors gibt, desto höher werden die Refinanzierungs-Risiken für die öffentliche Hand, sowohl im Jahr 2010 als auch darüber hinaus", ist sich der Analyst sicher.

Zweitens führt Walek "hot money flows" an. Darunter versteht man den verstärkten Fluss von Geldern in Niedrigzins-Länder. Geld wird quasi auf Rundreise um den Globus geschickt, auf der Suche nach Rendite. Kommt es zu einem Ende der Niedrigzinspolitik oder Hinweisen auf Instabilität, kann das zu verheerenden Folgen für kleinere Volkswirtschaften führen, wie gerade in Dubai gesehen. In das arabische Emirat floss 2007 massiv Geld - die Reserven der Nationalbank in Dubai stiegen enorm. Damit wurde auch das Kreditgeschäft in Dubai angekurbelt. Als 2008 das Geld der Investoren wieder sukzessive aus dem Land abgezogen wurde, dämpfte sich auch das Kreditgeschäft - und führte letztendlich zum Crash im November 2009.

Als dritte potenzielle Gefahr für die Märkte hat der Analyst China im Auge. Die Volksrepublik sei ohne gröbere Schwierigkeiten und mit einem BIP-Wachstum von knapp zehn Prozent durch das Jahr 2009 gekommen. Aber, so Walek, die Verschuldung wächst wesentlich schneller als die Wirtschaft. Außerdem gebe es in China eine starke industrielle Überkapazität, einen überhitzten Immobilienmarkt und zudem einen unterfinanzierten Bankensektor. Alles Signale, die die Frage nach dem "Wie lange geht das noch gut?" ins Zentrum stellen, meint Walek. (rom, derStandard.at, 11.1.2010)