Foto: Ullstein Verlag

Simon Majumdar kündigt seinen Job und kratzt alle Ersparnisse zusammen, um ein Jahr lang auf Weltreise zu gehen. Doch anstatt Denkmäler, Naturschutzgebiete oder Museen besucht er Restaurants, Märkte und Küchen. Sein Leitspruch ist "man muss alles einmal probiert haben". Die Speisen, die seinen Gaumen berühren reichen von der Münchner Weißwurst, bis zum prefekten Curry in Bangkok. Doch auch um Kamelsteaks, vergammeltes Haifischfleisch auf Island und getrockneter Ratte in China macht er keinen Bogen.

Schon in Majumdars Kindheit wurde beim Frühstück bereits über das Mittagessen diskutiert, zu Mittag wurde das Abendessen besprochen und am Abend gab es ein Resümee des gesamten kulinarischen Tages. Erinnerungen werden vor allem an Speisen festgemacht, die an dem jeweiligen Tag verzehrt wurden. "Die Leidenschaft dafür beherrscht in unserem Familienleben jeden wachen Augenblick und jedes Gespräch", schreibt Majumdar.

Die Tradition blieb erhalten und so gründete der 1964 geborene Majumdar mit seinem großen Bruder einen Weblog zum Thema Essen, der im Internet eine große Fangemeinde hat. Für seinen kulinarischen Atlas brachte er fast hundert Flüge hinter sich. Doch auch kulinarisch kennt der Autor keine Grenzen und drückt das selbst so aus: "Wenn etwas einmal Augen im Gesicht und eine Mutti und einen Vati hatte, will ich es essen." Diese Aussage kann der/die LeserIn durchaus wörtlich nehmen: Im Kapitel über Islands Küche beschreibt er etwa, wie er an einem Schaffskopf knabbert und, dass das Schafsauge "angenehm wie Knisterbrause im Mund ploppt". 

Gammelfleisch runterspülen

Hákarl, verdorbenes Haifischfleisch, landet ebenfalls in seinem Mund. Die IsländerInnen vergraben den Grönlandhai für drei Monate, um ihm die giftigen Stoffwechselprodukte zu entziehen, die sich im Fleisch absetzen, da er keine Nieren besitzt. "Das Endergebnis ist ein getrocknetes, furchtbar stinkendes weißes Fleisch, das man nur auf einen Sitz mit einem kräftigen Schluck Brennivín herunterspülen kann, einem einheimischen Kartoffelschnaps mit Kümmel."

Und genau an dieser Beschreibung kann man den Mangel in Majumdars Darstellung erkennen. Streckenweise liest sich das Buch mehr wie eine Übung im Ekelüberwinden, als eine Schilderung von genussvollen, kulinarischen Erlebnissen. Teilweise fehlen Hintergründe. Im Abschnitt über den Hákarl vermisst man zum Beispiel die Erklärung, warum die IsländerInnen den vergammelten Hai, der nach Urin riecht, auf ihrem Speiseplan haben. In den langen, kalten Jahreszeiten waren sie oft monatelang von der Zivilisation abgeschnitten. Das Fleisch des Grönlandhais enthält besonders viele Nährstoffe, die im Winter benötigt werden.

Und wer Anthony Bourdains "Ein Küchenchef reist um die Welt" gelesen hat, wird die raffinierten und detaillierten Schilderungen von Zubereitung und Herkunft der Speisen vermissen, die oft in Zusammenhang mit sozio-kulturellen Phänomenen gestellt werden. Majumdars "Ein Gourmet reist um die Welt" ist dennoch ein kurzweiliges und flott geschriebenes Lesevergnügen. (jus, derStandard.at, Jänner 2010)